Montag, 14. Februar 2011

Schwer verliebt- Irreführender Titel und trotzdem genug Irre!

Statt Bauer sucht Frau erfreut uns die Botox- Kollagen Queen von AVT nun mit Schwer verliebt. Der Titel verheißt Liebe zwischen Übergewichtigen, tatsächlich geht es um Liebe zwischen Übergeschnappten.

Als Erstes hätten wir die Braut Monika. Monika hat ein Date mit drei poten(z)tiellen Partnern in einer Pizzeria bei ihr um die Ecke. Dort erwartet sie ihre Kandidaten in einem schneeweißen Brautkleid (Hansi Hinterseer Fans mitsingen!) und mit ihrem Baby Laura- einem Alien-Ratten-Chihuahua, der glaubt er ginge als Hund durch. Man stelle sich also folgenden Anblick vor, der sich den Bewerbern bietet, wenn sie die Pizzeria betreten: eine junge Frau in einem Brautkleid, hochsteck- Frisur und mit einem möchte-gern Hund, der sozusagen als Kinderersatz fungiert. Wenigstens muss man sich nicht fürchten, dass die Frau gleich eine Familie gründen will. Dieser erste Eindruck einer heiratswütigen Frau bietet sich also den drei Männern. Und siehe da, keiner nimmt wie erwartet reis aus. Offensichtlich ist das mit den bindungsscheuen Männern doch nur ein böses Vorurteil. Sie fühlen sich nur alle drei sichtlich underdressed. Verständlich: Nummer 1 kommt in Jeans und Trainingsjacke, Nummer 2 in Oma-Strickpulli- voll retro!- und Nummer 3 zumindest in Jeans und Sakkot.

Wer denkt, unsere drei tapferen Ehemänner in spe hätten das Schlimmste überstanden, der irrt. Monika möchte nämlich einen „Kennenlern-Antrag“. Nummer 1 im Trainingsanzug stottert vor lauter Nervosität, und Nummer 2 ist genauso langweilig wie sein Pulli. Er möchte „30 Tage im Monat“ mit ihr verbringen. Fragt sich nur was er an den Monaten mit 31 Tagen macht. Oder gleicht das der Februar mit 28 oder 29 Tagen aus? Nur unser Favourit im Sakkot schlägt sich wacker. Und was ist die Antwort der Braut auf den schmeichelhaften Kennenlern-Antrag? „Ok.“- Bei ihr ist es mit der Romantik also doch nicht soweit her.

Nach der Braut (auf die Tim Burton eifersüchtig gewesen wäre) lernen wir Ricky die Busenfrau kennen. Ricky ist davon überzeugt, dass sie mit ihrem Gesicht und ihrer üppigen Oberweite bei den Männern punkten kann. Sie trifft sich mit ihren Kandidaten im Wiener Prater. Der erste Ankömmling ist ein Mann Ende 50, klein, graue Haare, schlurfender Gang, ungepflegtes Äußeres. Schon als er auf sie zukommt ruft Ricky: „Wolfram! Ich hab dich gleich erkannt!“ Tja, es laufen schließlich nicht so viele Gollum-artige Gestalten außerhalb der Geisterbahn herum.  Wolfram liebt Indien und fährt einmal im Jahr „aus gesundheitlichen Gründen“ dorthin. Er sucht also eine Krankenschwester für die Reise. Klar, dass Ricky den Teilzeitinder stehen lässt, als der zweite Kandidat um die Ecke biegt. Da muss Sharukh Khan wohl noch weiter nach seiner indischen Prinzessin suchen.

Blondine Nicole ist die Nächste auf Partnersuche. Sie hat klare Vorstellungen davon, was sie will: einen älteren Mann mit Vermögen und mindestens einem Schloss. Die angehende Prinzessin hat sich für ihr Date ganz in Rot herausgeputzt: zu enges, zu kurzes rotes Kleid, einen roten zu unechten Pelzmantel (vermutlich aus einem Faschingsgeschäft), rote zu hohe Schuhe und roten zu knalligen Lippenstift. Wer nun das Bild  eines Freudenmädchens am Gürtel vor Augen hat, liegt ziemlich richtig. Nicole erklärt uns, dass Männer der Farbe Rot nicht widerstehen können. Bleibt die Frage offen, warum sie dann zu viel rosa Rouge und rosa Nagellack benutzt? Nicole bestätigt das vorhin vor dem geistigen Auge gezeichnete Bild darin, dass sie am Straßenrand steht, um per Anhalter auf ihr Schloss kutschiert zu werden. Wenn du alleine reist, reise mit Stil. Aschenputtel muss mit der Zeit gehen…

Andi ist ein dicklicher, gutmütiger Hundenarr, der gleich mit vier Frauen ein Date hat. Wie es sich für einen Bon Jovi-Fan gehört, ziert seinen Kopf eine lange Mähne, die „immer frisch gewaschen sein muss.“ Da hält sich die Freude in Grenzen, als ihm eine Anwärterin eine DJ Ötzi-Spieluhr schenkt: „Uh-Ah!“ Dafür hat er für seine vier Frauen jeweils eine weiße Rose. „Weiß ist die Farbe der Hoffung und Rosen die Farbe der Liebe.“ Alles klar.

Der letzte Single ist Michael. Über ihn gibt es eigentlich nicht viel zu sagen, außer dass ihm „das Äußere sehr wichtig ist.“ Dabei steht er in all seiner Bräunungsstudio-Orangen Herrlichkeit vor dem Spiegel und knöpft sich lässig das Hemd auf. Morgens sagt sich der Spiegelfetischist immer: „Du siehst scho guat aus!“ Dieses Selbstbewusstsein und dieser Selbstbetrug sind schon fast zu beneiden. Fast.

Vier Menschen auf Partnersuche, bei denen man sich als normalo Single fragt, ob man in unserer Gesellschaft so werden muss, um einen Partner zu finden? Da bekommt man als nicht tattoowiert, heterosexueller mit Wertvorstellungen das Gefühl, heutzutage zu einer aussterbenden Rasse zu gehören. Vielleicht ist genau dieses Gefühl des besonders-normal-Seins der Grund warum man sich solche Sendungen überhaupt ansieht.

Mittwoch, 2. Februar 2011

Black Swine- I just want to be imperfect

Nach Requiem for a Queen und The Restler kommt endlich der lang erwartete neue Film von Regisseur Andy L. ins Kino. Das Warten hat sich gelohnt, denn wie mit seinen vorhergehenden Filmen, schafft er es auch mit diesem- trotz schonungsloser Bilder- nicht nur zu fesseln und zu schockieren, sondern auch zu verzaubern.
Der Film handelt von dem perfektionistischen Tänzer Nino (Andy L. führte nicht nur Regie, sondern spielt auch die Hauptrolle), der davon träumt der neue Solotänzer in dem berühmten Ballett Swine Fake zu werden. Da der Leiter der Company ihm sehr gewogen ist, stehen seine Chancen gut, doch dann erscheint der neu Tänzer Lilo (Tim Long) auf der Bildfläche und droht Ninos Traum zu zerstören. Nach und nach verliert sich Nino durch seinen Perfektionismus und seine Besessenheit um die Rolle immer mehr in seiner (Alptraum)Welt und wird dem Titelgebenden Bösewicht des Balletts immer ähnlicher.
Der psycho-sexuelle Thriller definiert dieses Genre neu, und der Zuschauer wird mehr und mehr in die Welt des Protagonisten hineingezogen, wo er sich genau wie dieser an der Grenze zwischen Realität und Fiktion verliert. Man kann sich der Faszination rund um Swine Lake nicht entziehen. Gemeinsam mit Nino taucht man in eine Welt ein, die zeigt, wie erbarmungslos die schönen Künste in Wahrheit doch sind.
Dies wird vor allem in den Szenen, in welchen für die Aufführung geprobt wird, klar. Die Kamera fängt den schonungslosen Alltag der Tänzer ein, der von Erfolgsdruck, Versagensängsten und Wettbewerb geprägt ist. Dabei zeigt Andy L. was für eine Grazie aus ihm geworden ist. Ein Jahr lang hat er für diesen Film trainiert, und wer bei seiner letzten Darbietung von Bleib doch bis zum Frühstück noch daran gezweifelt hat, dass Andy L. das Zeug dazu hat einen Black Swine-Tänzer zu verkörpern, der muss sein Urteil revidieren. Seine Beinhöhe ist bemerkenswert und seine Pirouetten können sich sehen lassen.
Visuell orientiert sich der Film an seinem Thema: die dunkle Seite der Psyche. Alles ist in blau- und Grautönen gehalten. Andy L. hat viel mit Spiegeln gearbeitet. Wie auch im Plot handelt sich dabei weniger um eindeutige Reflektionen, als um mehrdeutige Verwirrungen.
Der Soundtrack stammt von niemand Geringerem als Clint Amsell, mit dem L. schon bei seinen beiden letzten Filmen zusammengearbeitet hat. Auch hier unterstreicht die Musik das Gefühlsleben der Figuren, ohne sie zu erdrücken. Besonders eingängig ist die Neuauflage von Schweinchen, oh du mein Schweinchen. Durch den eindringlichen Text, wird die Vielschichtigkeit des Plots noch hervorgehoben.  
Ein mutiger Film von Regisseur und Hauptdarsteller Andy L., der einen selbst nach dem Kinobesuch nicht mehr loslässt. „I had the craziest dream last night- about a man who turned into a swine.” Niemand anderer außer Andy L. hätte es geschafft aus dieser Tagline einen Film zu kreieren, der in seinem perfekten Imperfektionismus Seinesgleichen sucht.