Mittwoch, 27. Mai 2015

Da werde ich freiwillig zum Single



 NIE WIEDER SINGLE 

Ja, ich gebe zu, ich habe Vorurteile gegenüber dieser Sendung. Wie könnte ich auch nicht? Sie
wirbt mit dem Klischee des einsamen Singles, dessen einziges Ziel es ist einen Partner zu finden, denn alleine kann man nicht glücklich sein.
Als Singe geht mir dieses Vorurteil gehörig auf die Nerven, denn permanent muss man sich die Frage: „Warum bist du denn Single?“ gefallen lassen. Das nächste Mal, wenn Sie im Begriff sind diese Frage zu stellen, überlegen Sie kurz wie dämlich sie ist. Ich habe noch nie jemanden fragen gehört:„Wieso bist du denn in einer Beziehung?“ Wäre doch genauso legitim, oder?

Wie unschwer zu erkennen ist, hat schon der Titel der Sendung meinen Unmut erregt, und weil ich der Sache dennoch eine Chance geben wollte, habe ich mich am 20.05. vor den Fernseher gesetzt und diese Sendung in vollen Zügen genossen.

Das Format ist denkbar einfach: AVT begleitet Singles, die auf der Suche nach der großen Liebe sind und sich dabei (wie könnte es anders sein?) recht ungeschickt anstellen und alle mit „herausfordernden“ Persönlichkeiten ausgestattet sind.

Da hätten wir zur Auswahl:

Guido, 37, Versicherungsirgendwas – halb Italiener, oder so, jedenfalls hat er eine italienische Mama, aber keinen Sinn für Mode.

Was hat Guido zu bieten?
„Wenn ich eine Frau hätte, dann wäre für sie jeder Tag Geburtstag. Aber nicht mit Torte, denn wenn sie jeden Tag Torte essen würde… das wäre eine Katastrophe!“
Frauen, die gerne Geburtstag ohne Torte feiern sind bei Guido also genau richtig.

Was Guido außerdem zu bieten hat, ist eine Mama, die er sehr lieb hat und die gerade Geburtstag hat. Daher besucht er sie und bringt Torte mit.

Guido entscheidet wo wer beim Torte-Anschneiden sitzt. Immerhin muss man 3 (!!!) Leute koordinieren. Reise nach Jerusalem ist nichts dagegen. Bei einer Frau würde er auch darauf achten wo sie wann sitzt, denn „Es ist schon sehr wichtige. Denn der Platz bedeutet, wo man dann sitzt.“ Guido ist ein wahrer Philosoph.
“Ich bin in gewissen Dingen sehr pedant.“ Ach wirklich, darauf wäre ich jetzt nicht gekommen…

Seine Mama ist auch sein Liebesorakel – sie scheint eher von der Sorte Cassandra zu sein.
Zu seinem Vorhaben am Abend in die Disco in Niederösterreich zu gehen, hat Cassandra folgendes zu sagen: „In der Disco wirst nicht die richtige Frau finden.“ 
Guido ist dennoch zuversichtlich, weil: „Am Land kann’s nie schief gehen, weil sie Frauen am Land können gut kochen. Frauen am Land tun noch was für einen Mann.“ Aha, das hat man vergessen mir Landpomeranze zu sagen. Ich hasse nämlich kochen.

Guido meint weiter: „Liebe macht einen grenzenlos.“ Das sollte ich mir auf ein Kissen sticken lassen. Könnte auch eine Textzeile aus einem Schlager sein…
Und zum Thema Beziehung meint er: „Ohne Streit wäre das Ganze nicht sinnvoll.“ Noch so sein Spruch für ein Kissen, oder vielleicht für ein T-Shirt?
Der Wiener ist anscheinend auch Anthropologe und weiß ganz genau, wie es sich mit der Landbevölkerung verhält: „Ich glaube, dass die am Land, wenn die jemanden aus der Stadt sehen, offener werden.“
Ich werde dies beim meinem nächste Besuch in meinem Heimatort testen.

Als Guido und sein Freund in der Dorfdisco ankommen, sind sie begeistert und müssen mal „den Tank auffüllen.“
Guido ist davon überzeugt, dass sein Tanzstil „ganz viel durcheinanderwirbelt.“
Die Bilder von Guido beim Tanzen sind so verstörend, dass… mir die Worte fehlen. Ich weiß weder was es sein soll, noch… Der DJ meint: „Michael Jacksons Halbbruder. Wer sich da traut mitzutanzen bekommt eine Flasche Bacardi.“ Und daraufhin… bleibt die Tanzfläche leer.
(Wer er mit eigenen Augen sehen möchte bei 00:24: https://www.youtube.com/watch?v=PxYh4KGA4Hk )

Guido findet, dass die Mädels „konservativ und unzugänglich“ sind. 

Eine Guido-Regel, die sich junge Männer zu Herzen nehmen sollten: „Wenn man eine Frau nach 24 Uhr kennenlernt, dann wird das vermutlich nur ein One Night Stand, aber mehr nicht.“ Ich fürchte bei dir, Guido, wird es nicht einmal das.  
Dann nimmt sich der Guido ein Herz und spricht die wehrlose Jenny an, die er gleich niederquatscht und ihr seine Telefonnummer aufdrängt. Blöd nur, dass sie ihm ihre nicht gibt. Nun versuche ich mich als Cassandra: Ich glaube nicht, dass sie sich meldet.  

Guido und sein Freund (mit Name Andi, wie wir nun wissen) sind enttäuscht, dass sie Frauen abweisend reagieren. Kann ich mir jetzt gar nicht erklären wieso…
„Man hat’s wirklich schwer als Single. Man geht seelisch ein.“ Und dazu spielt im Hintergrund eine Schnulze vom Eros (wie passend…) Ramazotti. Die Prophezeiung von Mama Cassandra hat sich als richtig erwiesen: Die Disco ist kein gutes Jagdrevier für Guido.

Barbara 32 –Mediendesignerin, die leidenschaftlicher Metal- und Gothicf-Fan ist. Sie hat eine Leidenschaft für Schuhe frei nach dem Motto: Nein, ich habe keinen Besuch. Das sind alles meine Schuhe.
Und die Frau hat wirklich ein ganzes Vorhaus voller Schuhe.
Sie kann auch mit Piercings („I hob einige.“) und Tattoos aufwarten.
Ihr Hobby ist: vor der Kamera zu stehen und Model zu spielen.
Es sei hier aber gesagt, sie wirkt sympathisch.

Es wäre ihr recht, wenn der Zukünftige aus der Metal-Szene kommt.
In ihrer Freizeit arbeitet sie an ihrem Facebook-Profil. Das kommentiere ich besser nicht.  
Sie hat einen Puppenkopf mit zugenähtem Mund in ihrer Wohnung – und da soll noch jemand meinen Totenschädel auf meinem Schreibtisch kritisieren…
Mit Freundin und Fotografin Mona geht es auf zum Shooting. Ein Mann könnte da gerne mitmachen, muss aber nicht, erklärt sie.  
Barbara sucht jemanden, der sie akzeptiert wie sie ist. Tja, wer möchte das nicht.

Roman, Frühpensionist lebt alleine, aber die Mama kommt regelmäßig zu dem 31-jährigen zu Besuch.
Folgendes hat er zu bieten:
Roman ist humorvoll und hat eine “nette“ Sammlung an Spielzeugautos. Vielleicht hat mein 5-jähriger Cousin Interesse? Der hat auch eine Spielzeugauto-Sammlung.  
Das Singleleben empfindet er als langweilig. Ok, Leute die behaupten ihnen sei langweilig haben bei mir prinzipiell schon verspielt.

Roman sucht: einen netten, humorvollen Familienmenschen. Die Frau seiner Träume kann ruhig tätowiert und gepierct sein – na bitte, da könnten wir ihn gleich mit Barbara verkuppeln. Obwohl ich stark bezweifle, dass Roman der Metal-Typ ist. Ich glaube, er ist eher von der Florian Silbereisen-Sorte.  

Auch er ist ein kleiner Mamabub. Und die Mama beschreibt Roman folgendermaßen: „Der Roman is ka Raffer. Er is a feiner Bua.“
Mit der wichtigsten Frau in seinem Leben führt er interessante Gespräche über das Mittagessen. Sie kommt ihn 3 Mal in der Woche besuchen, kocht öfter für ihn und hat ein Auge darauf, dass es immer schön aufgeräumt ist – die Plastikuntersetzer auf dem Plastiktischtuch sind der Beweis dafür (Plastikallergiker ausgepasst!). Sie hat Sehnsucht, wenn sie ihn 2 bis 3 Tage lang nicht sieht und sie erzählt, dass seine letzte Beziehung auf sie eifersüchtig gewesen sei.  
Die Exfreundin scheint eine „Nette“ gewesen zu sein, denn am Ende ist sie Roman betrunken mit dem Messer nachgelaufen. Wie hat uns Guido schon erklärt: „Ohne Streit wäre das Ganze nicht sinnvoll.“  

Wegziehen würde Roman aus dem kleinen Ort in der Steiermark nicht, denn er will bei der Mama in der Nähe bleiben. Außerdem kommt in der Früh der Bäcker. Also, wenn das kein Grund ist dort alt zu werden...
Sowohl Mama als auch Sohn sind Raucher, sollte das für jemand von Interesse ist.

Gerne möchte ich diese Folge mit den Worten des Philosophen Guido abschließen: „Ich bin so wie ich bin. Und die Frauen, die sich nicht melden, versäumen etwas.“
Die Frage ist nur: Was?

Freitag, 22. Mai 2015

ESC 2, Wie von einem anderen Stern


Der ESC scheint bei mir Migräne auszulösen, denn auch letztes Jahr beim 2. Semifinale habe ich unter Kopfschmerzen gelitten. Offensichtlich kann mein Organismus mit dieser Flut an Bild und Ton nicht umgehen. Daher möge man mir verzeihen, dass der Bericht vom 2. Semifinale weniger ausführlich ist, als jener vom ersten.

Das Spektakel beginnt mit den Outfits des Grauens der drei Moderatorinnen. Miriam trägt eine Hose, die ihre Oberschenkel ausladend zur Schau stellt, Arabella sieht mit ihrem Kleid aus wie ein Alien, der sich mit einer Disco-Kugel gepaart hat und Alice wurde wieder in ein kurzes Etwas gewickelt. Das Ziel der Kostümabteilung dürfte gewesen sein, die drei so unvorteilhaft wie möglich aussehen zu lassen. Und das hat sie erreicht. 12 Punkte!

Der erste Beitrag des Abends macht einen munter:
Litauen präsentiert seinen LSD-Trip inklusive Kuss-Pause. Durch das Kommentar von Andi Knoll lerne ich eine neue „hippe“ Abkürzung: FZ – „fix zamm.“ Aha.

Irland, Playing by Numbers: Walzer Klänge statt Pub-Musik bzw. Riverdance vor einem projizierten goldenen Wald.

San Marino, Chain of Lights: Zwei 16-jährige präsentieren Fahrstuhlmusik – wie jedes Jahr geschrieben von Ralf Siegel. Somit sind wir vom Song Contest zum Kiddy Contest gewechselt. Justin Bieber (mit schwarzem Haar) und seine Teenager Freundin beenden das Lied mit einem traumhaft falschen Schlusston.

Montenegro, Adio: Die Sängerin hat anscheinend Angst vor einer Alieninvasion, denn sie trägt Alufolie im Haar. Um die Performance mit den Worten von CK (Name von der Redaktion abgekürzt) zu beschreiben: „Pina Bausch für Arme.“ Dies geht fließend über in Sirtaki für Arme.

Malta, Warrior: Dies ist das zweite Lied beim diesjährigen Song Contest mit diesem Titel. Es handelt sich um die nächste fade Ballade, die von der Projektion her auf Rise like a Phoenix macht. Das Kleid der Sängerin hat einen Schlitz, bei dem man „bis ham“ sieht. Und die Windmaschine Pyrotechnik dürfen sich austoben.

Norwegen, Monster like me: Auch hier haben wir eine Alienphobikerin mit Alufolie im Haar und ihr Kollege hat vor zum Captain’s Dinner zu gehen (anders kann ich mir den weißen Anzug nicht erklären). Sie trägt ein asymmetrisches Kleid, das so aussieht, als hätte man beim Hintern einen Teil Stoff vergessen.

Portugal, Hà um Mar que nos Separa: Man versucht mit dem Outfit (Schulterpolster und Cape) vom Lied abzulenken, das klingt als wäre es ein zum 4. Mal aufgewärmt worden. Außerdem passt die Latexhose ganz und gar nicht zu dem faden Song.

Tschechische Republik, Hope never dies: Tja, die Hoffnung auf ein gutes Lied beim Song Contest stirbt zuletzt. Zumindest scheine ich Naivchen das noch zu glauben. Aber zurück zum Beitrag: Es handelt sich um ein Lied in Englisch mit tschechischem Akzent. Auch diese Sängerin trägt ein Kleid  inkl. Cape. Am Höhepunkt der Nummer zieht sie sich die Schuhe aus und wirft sie auf die Bühne (in den Zuschauerraum hätte ich amüsanter gefunden). Was das zu bedeuten hat, kann ich beim besten Willen nicht sagen. Befreiung der Frau? Ein Statement zum Schuh-Eklat in Cannes? Aschenputtel für Arme?

Israel, Golden Boy: Balkan-Rock von Boyband mit einem Sänger, der goldene Hermes-Schuhe trägt (mit goldenen Flügel seitlich und nicht von der Modemarke). Das Lied beginnt mit den Worten „Mama“… Song zum Mithüpfen, das der Bühne alles an Pyrotechnik abverlangt.

Lettland, Love injected: Die Sängerin sieht aus wie direkt von der Enterprise gebeamt. Für ihr Kleid wäre ein Busen von Vorteil, die Handbewegungen hat sie sich von Loreen (Euphoria) abgeschaut und das Lichtdesign von Rise like a Phoenix. Ich habe bis dato nicht gewusst, dass Haare eckig aussehen können. Sie können – auch eine Leistung! Wie lange können 3 Minuten dauern?! Und nun weiß ich endlich wieso viele andere Teilnehmerinnen Alufolie im Haar haben: Sie haben Angst vor dieser Sängerin. Verständlich.

Aserbaidschan, Hour of the wolf: Hierbei handelt es sich um Fans der Serie Game of Thrones, welche vor einem Vollmond Werwölfe heraufbeschwören. Ich denke, das soll das „Getanze“ darstellen. Ach ja, einen „netten Durwechsel“ hat das Lied auch.

Island, Unbroken: Die Sängerin sieht aus wie eine 12-jährige Fee, die sich barfuß auf der Bühne bewegt. Ich muss gestehen, ich bin ein bisschen enttäuscht. Ansonsten hat Island immer recht … schräge… Beiträge.

Schweden, Heroes: Dieses Lied ist eines der Favouriten. Wieso? Keine Ahnung, vielleicht, weil der Sänger hübsch aussieht. Gekleidet ist der Herr ganz leger und begleitet wird er von Strichmännchen auf der Projektion. Eines muss man ihm lassen: Er steht brav auf seinen Markierungen, sonst würde das mit den Projektionen nicht funktionieren. Abgesehen davon kann das Lied nix. Nej tack.

Schweiz, Time to fly: Hierbei handelt es sich um Fledermaus-Cape-Gothic-Queen. Ich glaube ich stehe im Wald (sie nämlich auch). Ach ja, Trommeln gibt es auch. Aber dann: sie reißt sich das schwarze Cape von den Schultern  und trägt darunter ein weißes Kleid mit einem Schlitz („bis ham“). Und dann ist das Lied aus… oder doch nicht…

Zypern, One thing I should have done: Der Sänger macht auf Nerd-Brille, 3 Tage-Bart und Anzug. Als das Bild von Schwarz-Weiß auf Farbe wechselt wird man daran erinnert, dass farblos manchmal doch besser ist. Das Lied ist schlicht, und irgendwie finde ich es sogar ganz nett.

Slowenien, Here for you: Frau mit sinnlos-Kopfhörer, die ein weißes Häkeltischtuch trägt (meine Oma hatte genauso ein Tischtuch) und eine „Tänzerin“ die so tut, also würde sie Geige spielen. Luftgeige scheint die neue Luftgitarre zu sein.

Polen, In the name of love: Celine Dion Verschnitt vor Kirschblütenprojektion in weißem Cape. Um wieder CK zu zitieren: „Die Fahnen im Hintergrund passen sich den Schleppen der Sängerin an.“ Da waren die fidelen, halbnackten Waschweiber vom letzten Jahr amüsanter.

Und das war es auch schon wieder mit den Beiträgen. Und nun die Finalisten:

Litauen: LSD
Polen: Celine Dion
Slowenien: Häkeldeckchen
Schweden: Strichmännchen
Norwegen: Alufolie und Captain’s Dinner
Montenegro: Pina Bausch für Arme
Zypern: Nerd-Brille
Aserbaidschan: Werwölfe im Mondlicht
Lettland: Alieninvasion
Israel: goldener Paketdienst

Mittwoch, 20. Mai 2015

ESC oder Die Wiederverwertung der The Voice Teilnehmer


Wien ist im Song Contest-Fieber: singende Kanaldeckel, Pärchen-Ampeln und Conchita als U-Bahn Ansage. All das gibt es laut Medien zur Zeit in der Hauptstadt. Ich schreibe „laut Medien“, weil ich selbst noch keines dieser tollen Marketing-Aktionen gesehen habe. Offensichtlich hat man sich für Hidden Marketing entschieden und die Idee dahinter ist, dass man diese Goodies erst suchen muss.

Im Vorhinein haben sich viele Menschen darüber beschwert, dass der ESC Österreich nur unnötig viel Geld kostet. Ich stehe dem Thema recht neutral gegenüber. Ich sehe meine GIS-Gebühren lieber in eine „Gesangs“-Farce investiert, als in die Übertragung des 5. Luft- verpestenden Trainings vom F1 Grand Prix in Montreal (aber Hauptsache wir sind alle soooo öko…). Ich weiß, darüber kann man diskutieren, und ich will gar nicht abstreiten, dass es durchaus seinen Reiz hat Autos dabei zuzuschauen wie sie 100 Runden im Kreis fahren. Ich gehe selbst gerne am Wochenende in den Prater und schaue dem Mecky-Express zu.

Als die Übertragung des ersten Semifinales aus der Wiener Stadthalle beginnt, muss man sagen, dass unsere GIS-Gebühren gut eingesetzt wurden, denn das Lichtdesign kann sich im wahrsten Sinne des Wortes sehen lassen. Das Konzept mit den leuchtenden Kugeln, die sich in Wellen über die Bühne bewegen, sieht beeindruckend aus.


Wie es die Tradition verlangt, beginnt das Event mit dem Siegertitel des letzten Jahres Rise like a Phoenix, das wir im letzten Jahr recht oft hören mussten, und diese Woche vermutlich noch öfter… Aber das Positive daran: Danach wird das Lied vermutlich in der Versenkung verschwinden.

Miriam, Alice und Arabella – drei Damen in unmöglichen Outfits moderieren das erste Semifinale. Wenigstens spricht Alice gut Englisch – die anderen beiden sind dazu da das Klischée zu bestätigen, dass das Englisch der Österreicher eher bescheiden ist (eines der schlimmsten Beleidigungen, die ich je gehört habe, war als jemand zu mir gesagt hat: „You sound like Arnold Schwarzenegger.“).  
 

Und wo wir schon bei Klischées sind: Stripper als Polizisten verkleidet. Das sind die Song Contest Starter für Moldawien, die mit I want your love die Startnummer 1 des Abends haben. Ja, schon der erste Beitrag hat das, was ein richtiges Song Contest Lied braucht: den gewissen WTF-Effekt (für diejenigen, die in Abkürzungen nicht so firm sind: What The Fuck). Hierbei handelt es sich um eine Boyband-artige Formation, die in knapper Polizisten-Uniform (wieso habe ich noch nie solche Gesetzesvertreter in live gesehen?) auf einem Gerüst herumturnen und „schön“ falsch singen.

Armenien, Face the Shadow: Diese Gruppe sieht in ihren Umhängen aus wie eine Delegation Elben aus Herr der Ringe – im Hintergrund ist sogar ein weißer Baum (von Gondor!) projiziert. Hoffentlich werden sie nicht von New Line Cinema wegen Plagiats verklagt. Beim Lied kann ich beim besten Willen nicht sagen, ob es so sein soll, oder ob sie falsch singen. Vermutlich zweiteres…

Belgien schickt seinen besten Mann: den zweitplazierten von The Voice Belgien.

Der Beitrag Rythm Excite ist… schwer zu beschreiben. Vor allem hat er viel weißes Licht, weiße Tänzer und Stroboskop Effekte – kurzum ein Fest für Epileptiker.

Die Niederlande, Walk Along: Die Sängerin trägt eine Maske auf schwarzer Spitze, welche sie sich vom Gesicht reist und einen unvorteilhaften Jumpsuit, der an eine Fledermaus erinnert, wenn sie die Flügel angelegt hat. Das Lied besteht hauptsächlich aus den Worten „Whyjayjayjay“ – also super zum Mitsingen.

Finnland – die Band mit dem unaussprechlichen Namen – Pertti Kurikan Nimipäivät - kurz PKN. Und genauso kurz ist das Lied – nur 90 Sekunden lang. Finnischer Gröle-Rock. Weckt ein wenig Erinnerungen an Lordi. Weil es finnisch ist, weiß ich leider nicht, worum es in dem Lied geht. Is aber egal, es rockt. Wie heißt es so schön: In der Kürze liegt die Würze.


Gott sei Dank ist nun eine kurze Werbepause, in der ich mir eine Stärkung genehmigen kann.  

Gut, das Mirkowellen-Popcorn nur 3 Minuten braucht.


Griechenland. Auch hier eine The Voice Teilnehmerin, dieses Mal die Gewinnerin. One last breath heißt das Lied – welch ironisch gewählter Titel. Offensichtlich pfeifen die Griechen wirklich aus dem letzten Loch. Die erste Jammer-Ballade des Abends. Da bin ich froh, dass ich nun Popcorn habe, das mich das ertragen lässt. Bei dem Beitrag ist „Glitzer“ das Motto: Glitzer-Kleid, Glitzer-Staub und viele Sternchen auf der LED-Wand.


Goodbye to Yesterday. Das Lied von Estland finde ich… eigentlich recht cool. Es hat was von dem Minimalismus, das die Niederlande letztes Jahr hatten: Ein Mann und eine Frau zueinander singend.

 
Mazedonien. Der Sänger hat angeblich immer ein Foto von seiner Mama mit (sollte ihm vielleicht mal jemand sagen, dass das bei Mädels ned so sexy ankommt). Er lebt eigentlich in Wien und war bei Starmania dabei. Autumn Leaves heißt der Beitrag und ist eine melodramatische Boyband-Ballade, die alles hat, was es braucht, um diese Bezeichnung zu verdienen: peinliches Gehopse, das als Background-Tanz durchgehen soll, schreckliche Outfits (weißer Mantel), Projektionen, die aussehen als wären sie ein Bildschirmschoner und man sollte ihm auch sagen, dass Schnauzer auch nicht so sexy rüberkommt bei Frauen.

 
Serbien, Beauty never lies – die serbische Adele. Wenn man gemein ist, könnte man behaupten sie wird weniger wegen ihrer Stimme, sondern mehr wegen ihres Körperbaus so genannt. Ihr Chor besteht aus 2 Frauen und 2 Männer mit weißen Masken, welche sie nach der ersten Strophe absetzen, sich die weißen Kutten vom Leib reißen und plötzlich wird es eine Techno-Nummer. Ja, das gibt es nur beim Song Contest.
 

Ungarn. Wars for nothing – Anti-Kriegssong. Die Sängerin steht im Dunkeln in einem Bordeaux-roten Kleid. Das ist nun wahrlich Minimalismus nach der letzten Nummer. Die Bühne verwandelt sich in Sternbilder und irgendwie kann ich mich der Assoziation zu Die Entdeckung der Unendlichkeit nicht erwehren. Spätestens bei der zweiten Strophe hat sich das aber schlagartig wieder geändert, denn nun ist ein Baum auf der LED Wand zu sehen – jetzt ist die Assoziation Rauch und ich hätte gerne einen Apfelsaft.

Weißrussland, Thunder: Bumm, Bumm-Ballade (ja, der Song Contest zwingt einen neue Genre-Kreuzungen zu erfinden) gesungen von einem Mann, begleitet von einer hübschen Geigerin in Weiß (scheint die ESC-Modefarbe zu sein). Andi Knolls Kommentar zum Sänger: „Der sieht aus wie der Typ von 50 Shades of Grey.“

Russland, A Million Voices: Das hat nun was von Celine Dion, bzw. sie scheint die russische Helene Fischer zu sein. Auch ihr Kleid hat die Farbe… genau: Weiß. Man könnte das Lied auch umtaufen auf A Million Lights.

Kurze Pause. Popcorn auffüllen.
Und weiter geht’s.

Dänemark hat einen Starter, deren Bandname mir gefällt: Anti Social Media, The Way you are heißt die Nummer. Mein erster Gedanke: Meine liebe Freundin Biscotto (Name von der Redaktion geändert) wird die mögen, denn der Sänger ist rothaarig (ginger!). Gefälliges Lied, einer Band, die aussieht, als wären sie 15 und machen auf Brit-Pop für Arme.

Albanien. I’m alive: Sie hat die italienische Version von The Voice gewonnen. Ihr Song ist leider so nichtssagend, dass man mehr zum Outfit sagen kann, als zum Lied. Sie trägt so etwas wie einen Jumpsuit mit Cut Outs und einem angenähten Cape. Ja, es ist genauso schräg wie es sich anhört. Ach ja, die aufgestickten Glitzer-Steinchen darf man nicht vergessen.


Rumänien, De la capat: Eines der wenigen Beiträge, der nicht auf Englisch ist. Und auch, wenn ich Englisch liebe, so finde ich es immer mutig und gut, wenn Länder mit Liedern in der Landessprache antreten. Während des Songs laufen im Hintergrund schwarz-weiß Projektionen von traurig dreinblickenden Kindern.


Georgien startet mit einem der zwei Lieder, das Warrior heißt. Die Sängerin macht auf Gothic-Krieger-Prinzessin. Schaut aus, als wäre sie World of Warcraft entstiegen und für ihr Kostüm mussten ein paar arme Krähen Federn lassen.


Das war es mit den Beiträgen. Und nun eröffnen die Ladies das Voting (und wieder frage ich mich, wer sich eingebildet hat, man müsse Alice in ein Tischtuch wickeln – es ist NICHT vorteilhaft).  


Meine Spannung steigt ins Unermessliche… Ich denke, ich mache mich mal gemütlich bettfertig.
 

In der Zwischenzeit machen sich Miriams Hund Schwarzenegger, Arabellas Lipizzaner und Alices Katze mit einer Kamera auf durch Wien und zeigen uns die Stadt auf der Perspektive von Vierbeinern.


Wir bekommen auch noch die Videos der Fixstarter zu stehen, und dabei springen mir vor allem jenes von Spanien und Italien ins Auge:


Das Video für Spaniens Song Contest Teilnehmer ist eine „gelungene“ Mischung auf Life of Pi – Schiffbruch mit Tiger und (wieder einmal) Herr der Ringe - inkl. Ring mit leuchtender Inschrift.


Für Italien tritt Il Volo an, die in ihrem Video auf Ghost – Nachricht von Sam machen.


(und für die Freaks unter uns: werft einen Blick auf die Tapete des Tonstudios im Video der Starter für Australien. Kommt euch die bekannt vor? Die klebt auch an den Wänden der berühmtesten Adresse Londons…)

 
Und dann ist es endlich soweit (wir haben fast so lange überzogen wie zu Gottschalks Wetten, dass…? Zeiten). Die 10 Finalisten lauten:

 

Albanien – Frau mit Cut out und Cape

Armenien – Elben aus Mittelerde

Russland – Helene Fischer von Russland

Rumänien- Erinnerung an traurige Kinder

Ungarn – Anti-Kriegslied

Griechenland – Haben noch nicht ihren letzten Atemzug getan

Estland – das heurige Calm after the Storm

Georgien – Kriegerprinzessin

Serbien – Adele

Belgien – Alptraum für Epileptiker

Und nun werde ich noch ein paar Tränen vergießen, weil die Boyband-Stripper-Polizisten nicht weitergekommen sind und mich dann seelisch auf das zweite Semifinale am Donnerstag vorbereiten.

Dienstag, 23. Dezember 2014

Tatsächlich... Weihnachten


Was ich an Weihnachten besonders mag (abgesehen von meiner Weihnachts-Ohrringsammlung) ist, dass man schon beinahe dazu verpflichtet ist, Traditionen aufrecht zu erhalten. Und eine dieser Traditionen ist bei mir Geschenke einpacken und Love Actually (Tatsächlich… Liebe) zu schauen. So sitze ich in Mitten von Weihnachtspapier, die dritte Kerze brennt am Adventkranz und neben mir steht eine Tasse Tee mit Milch (immerhin bin ich ja dabei mir einen britischen Film anzusehen).

Wie viele von euch sicher wissen, handelt es sich bei Love Actually um einen Episoden – oder Ensemblefilm (welchen Terminus man auch immer bevorzugt), bei dem es mehrere Handlungsstränge gibt, die mehr oder weniger lose miteinander verwebt sind. Um die Sache daher für alle Lesenden (auch für jene, die den Film noch nicht gesehen haben – solche soll es geben) leichter zu machen, versuche ich deswegen meine Gedanken nach Handlungssträngen bzw. handelnden Figuren zu ordnen.

Der Lieblingsschwiegersohn vieler Mütter (obwohl ich das nach all den Eskapaden mit Prostituierten usw. nicht wirklich nachvollziehen kann, aber vermutlich liegt es daran, dass er einfach so unschuldig drein schaut) Hugh Grant macht den Anfang mit einem Voice-over, dass „love is actually all around“ ist. Und nach mehrmaligem Sehen, finde ich man sollte das streichen – zu pathetisch, aber es ist nun mal eine weihnachtliche RomCom, also muss ich es wohl oder übel in Kauf nehmen. Eines kann ich mit Sicherheit sagen, die Downing Street Nr 10 ist die glänzendste Haustür in ganz London in dem Film. Und wie ist die Darstellerin der Sekretärin damit klargekommen, dass man dauernd über sie sagt, sie hätte Oberschenkel wie ein Elefant?

Ich finde, man sollte sich den Film alleine schon wegen der Outfits von Bill Nighy anschauen – oder jenen seiner leicht bekleideten Backgroundtänzerinnen – im Abspann als „Billy’s Video Vixen“ gelistet (irgendwann kaufe ich mir auch so ein Santa-Baby-Outfit). Die sind so grauenhaft, dass sie schon wieder genial sind. Generell ist er in der Rolle des abgehalfterten Rockers sehr lustig, denn meiner Meinung nach, transportiert er die richtige Aussage des Filmes: „Don’t buy drugs. Become a pop star and they’ll give you them for free.“

Wunsch-Schwiegersohn Nummer zwei kann ich schon eher nachvollziehen: Colin Firth. Zu Beginn des Filmes fragen sich Millionen Frauen: „Wie kann man Mr Darcy betrügen?“ Sind wir froh, dass seine Freundin das tut, denn sonst würde er nicht seine hübsche portugiesische Haushälterin kennenlernen, für die er sogar in einen kalten Teich voller Aale springt. Männer, das ist wahr Hingabe! Merchandising-technisch hätte ich es toll gefunden, wenn es das Buch, das seine Figur schreibt, zu kaufen gäbe. Ich mag Colins Handlungsstrang vor allem deswegen so gerne, weil er so wunderbar vor Augen führt, dass Antoine de Saint-Exupéry recht hatte, als er schrieb: „Sprache ist die Quelle aller Missverständnisse.“

Es gibt einen einzigen Handlungsstrang im Film, mit dem ich mich bis heute nicht anfreunden kann: Jener des Typens, der meint er müsse nach Amerika gehen, weil er dort mit seinem „cute British accent“ Mädeln aufreißen könnte. Und dann funktioniert es tatsächlich! Sollte mich aber eigentlich nicht verwundern, denn schließlich hat mir ein Engländer heuer in Kanada erklärt, dass er es dort lieben würde, weil er mit seinem Oxford-Englisch immer alles bekommen würde. Es hat vielleicht auch ein bisschen mitgespielt, dass er aussieht wie Wentworth Miller… Habe ich ihm nicht gesagt. Wollte sein Ego nicht noch zusätzlich pushen.

Mein Lieblingspaar sind die Porno-Stand-Ins namens John und Just Judy ;-) Egal wie oft ich noch The Hobbit oder Sherlock sehen werde, Martin Freeman wird für mich immer der schüchterne Nackte aus Love Actually sein, der immerzu klingt als wäre er verschnupft.  

Natürlich darf in einem englischen Film Keira Knightley nicht fehlen. Sie heiratet Chiwetel Eji… den Typ von 12 Years a Slave halt. Mein zukünftiger Mann aufgepasst: Solltest du auch in der Kirche in pinkem Hemd und Krawatte auf mich warten, habe ich keine Skrupel dich vor dem Altar stehen zu lassen. Generell fragt man sich bei Keira immer: „Wieso heiratet sie den Typen, wenn der beste Freund ihres Mannes nicht nur besser aussieht, sondern auch noch die süßesten Schilder von ganz London schreibt?“ (So lange, bis er bei The Walking Dead mitgespielt hat.) In der Szene, in der sie herausfindet, dass er in sie verliebt ist leide ich jedes Mal körperliche Schmerzen. Der Arme!

Liam Neeson hat in dem Film mit seinem 11-jährigen Stiefsohn zu kämpfen, der sich in ein Mädchen verliebt, das genau so heißt wie seine verstorbene Mutter. Finde ich auch… a bissi komisch. Der kleine Junge wäre für mich ja Typecasting für einen Weihnachtself. Ins Fantasy-Genre hat er es schon geschafft: Er spielt bei A Game of Thrones mit. Leider nicht als Elf…

Dass Laura Linneys Figur ihren Bruder dem (beinahe schon nackten) Rodrigo Santoro vorzieht kann ich noch immer nicht glauben. Auch wenn ich beschämt zugeben muss, dass ich durchaus Parallelen in unseren Charakterzügen sehe. Ich bin 2014 auch einmal kurz um die Ecke gebogen und habe einen Freudentanz aufgeführt, ehe ich ganz cool und gelassen wieder zurückgekommen bin.

Alan „the voice“ Rickman muss man normalerweise lieben – aber in dem Film möchte ich ihm eine rein hauen. Wieso will man Emma Thompson gegen Heike Makatsch tauschen? Außerdem bringt mich Emma Thompsons Szene noch immer jedes Mal beinahe zum Weinen, wenn sie in ihrem Schlafzimmer Joni Mitchell hört.  

Wahllose Gedanken zum Schluss:

Pinke Krawatten scheinen dem Kostümdesigner zu gefallen, denn auch der US-Präsident (Billy Bob Thornton) trägt so eine.

Auffallend viele Frauen tragen Röcke.

Wieso hat Colin Firth ein halbes Dutzend Knoblauchkränze in seinem Kofferraum als Weihnachtsgeschenke? Bereitet sich seine Familie auf einen Überfall von Vampiren zu Neujahr vor?

Offenkundig sind alle Menschen in dem Film reich, denn ihre Wohnungen sind (für London-Verhältnisse) gigantisch.

Wieso lässt Colin Firth seine Haushälterin einfach am Straßenrand aussteigen? Das würde Mr Darcy nicht tun!

Da die pinken Krawatten so teuer waren, konnte man sich keine ganzen Oberteile mehr für Keira leisten. Die rennt nämlich meistens bauchfrei herum. Aber in London ist es nicht kalt im Dezember…

Denkt irgendwer daran, dass der arme Chauffeur am Weihnachtsabend sicher besseres zu tun hätte, als Hugh Grant herumzukutschieren?

Der Film hat das beste Krippenspiel aller Zeiten: Ich liebe die Kostüme der Hummer, Pinguine und vor allem des Wals an der Krippe.

Am Ende solcher Filme laufen immer alle irgendwem irgendwohin nach.

Es scheint niemanden zu stören, dass das Mädchen den ganzen Weg vom Gate zum kleine Elfen zurückrennt. „You are delaying the flight!“

Ist euch schon einmal aufgefallen, dass man beim Blick von der Southbank immer das halbfertige Gherkin sieht?

Wer Zeit und Muße hat – es zahlt sich aus die Deleted Scenes auf der DVD anzuschauen. Es gibt viele davon, aber viele lustige!

Wenn man so näher darüber nachdenkt, ist der Film gar nicht so aufbauend… Vielleicht ist die Aussage des Films doch:
„I thought it’d be something worse.“
„Worse than the total agony of being in love?“
„Err… No, you’re right. Total agony.“

Aber ich möchte niemandem am 24. mit meinem Zynismus Weihnachten verderben. Daher empfehle ich folgende Düfte von Demeter’s Fragrance Libary im Raum zu versprühen: Christmas Bouquet, Christmas in NY oder Christmas Tree, Mistletoe, Gingerbread, Egg Nog und Ultimate Chirstmas Stocking Suffer Memories, etwas Hübsches anzuziehen, ein beschwingtes Weihnachtslied aufzulegen und wie Prime Minister Hugh Grant durch das Haus zu tanzen.

Fröhliche Weihnachten!   

„Let me say […] because it’s Christmas (and at Christmas you tell the truth):“ Danke für euer Lob, euren Zuspruch, eure Kritik und Vorschläge zum Adventkalender 2014. Ganz besonderen Dank an Tom Poe, der mich mit seinen bildlichen Kommentaren jeden Tag zum Lachen gebracht hat und AM, die mein geheimer Beta war. „I was in some ways very close to being moved by.“

Montag, 22. Dezember 2014

Warten auf Hamlet


“At present the Barbican’s allocation of tickets for Hamlet is sold out.”

Das eigentliche Wesen des Ehrgeizes ist nur der Schatten eines Traumes. Und dieser Traum ward im August des Jahres 2014 Karten für die Produktion von Hamlet in London im Barbican Theatre unter der Regie von Lyndsey Turner im Jahre 2015 zu erstehen. Scheint dies dem gemeinen Volke keine außergewöhnliche Aufgabe zu sein, so mag doch der einzelne Verrückte schon erahnen welch‘ Herausforderung sich hinter diesem Unterfangen verbirgt. War dies doch die am schnellsten ausverkaufte Produktion in den Annalen des West Ends. „Wie kommt’s?“, fragt sich nun das gemeine Volk. Ihr werdet nimmer seinesgleichen sehn, denn Benedict Cumberbatch schlüpft in das Gewande des dänischen Prinzen, um die Ehre seines Vaters zu retten. In seiner Sünden Maienblüte und dem Höhepunkt seiner Karriere tritt der Sherlock Darsteller auf die Bretter, die die Welt bedeuten, bevor er sich bei den Golden Globes (11.01.2015) dem Kampf der englischen Genies stellt: Hawking vs Turning (doch seid gewahrt, denn eine tragische Mär, dessen Schauplatz der Zweite Weltkrieg ist, verzückt allgemein den strengsten Lord Chamberlain). Doch nicht nur schlaue Leute vermag der Gaukler darzustellen, „auch dumm kann er spielen“ verkündete jüngst meine Kollegin entzückt, nach Betrachtung von August: Osage County. Nur mit dem Gesang reicht es zum Barden nicht…


Es gibt mehr Dinge im Himmel und auf Erden, als Eure Schulweisheit sich träumt. So sind die Anhänger des Gauklers zu einem großen Teil Fräuleins, die sich Cumberbitch, Cumberbabe, Cumbercookies, Cumvercollective, Cumberbunnies, Benaddicts, Cumberbro oder andere ausgefallene Namen geben. Ist dies schon Tollheit, hat es doch Methode und ich beneide diesen Gaukler nicht um seine Heerscharen an Anhängern, die nicht davor zurückschrecken in Lichtspielhäusern in der Stadt mit Namen Wien mit der Kopfbedeckung, welche man gemeinhin als Deerstalker bezeichnet, zu sitzen umso ihre Zugehörigkeit zur Schar zu demonstrieren. Im Schwachen wirkt die Einbildung am stärksten. Dieser Fanatismus will ausgenutzt werden, und somit haben S.S. und meine Wenigkeit die Idee ersonnen, daraus Profit zu schlagen. Da sich im nächsten Jahre Scharen von Campierenden um das Barbican tummeln werden, könnte man den Wartenden Heißgetränke in Bechern reichen, welche das Antlitz des Angebeteten tragen. Und weh mir! Wie groß war doch der Schock unter der weiblichen Anhängerschar, als folgendes verkündet wurde: „son of Wanda and Timothy Cumberbatch of London“ hat sich verlobt. So brich mein Herz, denn Schweigen muss der Mund.  

 In der Kürze ist des Witzes Seele, nicht doch im Namen des Gauklers. Daher sei er von nun an nur BC genannt. (Bei den Namen der Altvorderen sei solche Namenswahl jedoch verziehn, denn: Timothy und Wanda – da leitet einem die Assoziation doch zu einem Werke mit Namen Ein Fisch namens Wanda hin. Man fragt sich, in welchem Alter dieser kleine Junge wohl war, als er seinen Taufnamen auf Papier niederschreiben konnte? Und wie möchten so viele Buchstaben auf einer Anstecknadel Platz finden?  Da meines erhabenen Vaters Namensgedächtnis von kurzer Dauer ist, pflegt er BC nur „den Typ von Sherlock“ zu nennen.) Doch nicht nur die Verfasserin dieser Zeilen befindet den Namen von BC als wunderlich. So auch eine Maid mit Namen Caitlin Moran, welche folgenden Ausspruch tat: „The first actor in history to play Sherlock Holmes who has a name more ridiculous than Sherlock Holmes.” Bekannt ist BC nicht nur für seine Darstellung als Meister der Detektei, sondern auch für seine verzückende Stimme. „A voice like a jaguar hiding in a cello.“ Doch scheint dieser Vergleich der Schreiberin nicht ganz stimmig. Würde sich dies pelzige Raubtier nicht gequält anhören im Angesicht seines Gefängnisses? Da amüsiert sie doch die Bezeichnung seiner Stimme mit „Audio Porn“ doch mehr. Doch lasst uns nicht bei solch Trivialitäten verweilen, sondern zu der eigentlichen Erzählung fortschreiten.

Dein Ohr leihe jedem, wenigen deine Stimme! Weswegen nur ein paar Auserwählte in den Genuss des Jaguars im Cello im Dörfchen kommen können. Wahr ist’s, ist schade, und schade, dass es wahr ist. Kaum Chancen zu den Auserwählten zu gehören rechneten ich und meine tapferen Gefährten mir aus, als ich am 01.08. in diesem Jahre einen Blick in den Online Verkauf tat, der an diesem Tag nur privilegierten Mitgliedern des Theater-Hauses zustand. 2463 war die unglückliche Zahl, welche ich in der Warteschleife war. Nur eine Nummer unter Tausenden. Nur reden will ich Dolch, keine brauchen, doch wenn dem so sein sollte, würde ich dennoch Gebrauch von ihm machen müssen, um am 04.08. (wenn auch das Volk sich um Karten bemühen konnte) zu den Auserwählten gehören wollte. Dennoch: Wahrhaft groß sein, heißt, nicht ohne großen Gegenstand sich regen. Und wenn auch nicht in der Vertikale groß, so wollte ich doch nicht kampflos aufgeben.  

An jenem Tag, dem 04. August des Jahres 2014 sollte sich mein und das Schicksal meiner Gefährten entscheiden. Um Punkt 10:00 Uhr (Zeitrechnung der Hauptstadt von Großbritannien) hieß es bereit sein ist alles. Mit einem kurzen Klick auf die virtuelle Seite wurden wir in eine Online-Warteschleife verbannt. Dieses Mal war meine Nummer 1465. Was wir ersinnen, ist des Zufalls Spiel. Dies Spiel würde sich lange Zeit hinziehen. Die Zeit ist aus den Fugen in der Warteschleife. Und bietet Möglichkeit sich mit den Terms and Conditions und FAQ dieser besonderen Produktion auseinander zu setzen. Hier ein kleiner Auszug aus den Schriften:

Ticket purchases will be limited to a maximum of six per person across all performances.

The name of the lead booker will be printed on each ticket and photo ID of the lead booker will be required to gain admission.

Bookers are required to keep with them at all times their ID and credit/debit card used to make the booking as these may be required for re-entry or requested at any point by our front of house teams.  

Phone lines will be extremely busy so you may need to wait some time in order to be transferred to the next available advisor. (Die Verfasserin griff auch zum Telefon, doch ward die Leitung jedes Mal gekappt.)

Sat 17 Oct 1.30pm, Audio-described performance with touch tour at 12.15pm (Touch Tour??!!! Darf meine Hand es da wagen zärtlich die des Gauklers zu berühren?)

Das unentdeckte Land, von des Bezirk kein Wanderer wiederkehrt ist die Online-Warteschleife, denn nur schleppend rückten die Figuren vor. So allerlei Gedanken schwirrten in der Wartezeit in meinem Kopfe umher. So fragte ich mich, wieso die Figur der wandernden Person, welche das Fortschreiten darstellen sollte, männlich war, wenn doch die Mehrheit der Kämpfer um ein Ticket weiblich war.

Es ist etwas faul im Staate Dänemark, denn auch nach 2 Stunden wanderte das Männchen noch immer auf den steilen Pfaden zum Ticket-Erwerb. Verzweiflung machte sich unter den Gefährten breit. Besonders als eine der Gefährten gestand, sie sei Nummer 6210. Während kostbare Sekunden verronnen, regte sich in uns der Unmut. Zu lange dauerte es nun schon, und zu viel Zeit war auf das Denken verschwendet, welches Zweifel in uns schürte und unsere Hoffnung schwinden ließ. Denn an sich ist nichts weder gut noch böse; das Denken macht es erst dazu. Beinahe unerträglich ward die Ungeduld, doch plötzlich bewegte sich die Figur auf ihrem Balken weit nach vorn und die Nummer, welche uns nun zugewiesen war, ward nur mehr zweistellig. Der Hoffnung Saat keimte in uns auf. Und tatsächlich: Nach der Minuten wenige, eröffnete sich uns ein neues Fenster, hinter dem sich virtuelles Neuland verbarg. Mit klopfendem Herzen ward ein Sonnabend im Oktober 2015 ausgewählt. Beinahe schmerzhaft langsam rieselte der Sand in der Sanduhr, bis wir erfahren sollten, ob auch wir unter den Auserwählte sein würden. Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage. Oh wie verzückt war ich doch, als schlussendlich die Worte „Your order has been confirmed“ vor meinen Augen tanzen. Danach: zwei Anrufe mit zitternden Fingern an meine Gefährten, welche mich mit ihren Ausrufen der Freude beglückten.  

Welch großes Glück uns zu Teil wurde, Karten erhalten zu haben, wurde uns ein paar Tage später bewusst, als Kameraden uns von ihren Abenteuern in den Unbekannten der Warteschleife als Nummer 30 248 berichteten. Oder auch jene Kameradin, die mit dem eigenen Leib versuchte im Barbican Karten zu erhalten. Mit den Worten: „Ausverkauft auf Grund unerwarteten Andrangs“ musste sie unverrichteter Dinge von Dannen ziehen. Doch scheint mir diese Aussage recht lächerlich. Wie konnte dieser Andrang unerwartet sein?

„Wie lange hat unsere Reise in der Warteschleife nun gedauert?“, werden manche sich fragen. Nun, die Mühen nahmen 3 Stunden unsrer Zeit in Anspruch. Nimm Rat von allen, aber spare dein Urteil. Denn im Vergleich zum Pöbel, welcher am Sonntagabend, wenn die Uhr 21 geschlagen hat, in einer Schlage auf der Mariahilferstraße steht, um Köstlichkeiten namens Donuts bei Dunkin Donuts zu kaufen, sind die Strapazen der Verfasserin – mit Verlaub – noch als bei Sinnen zu bezeichnen.  

Und nun? Wahrhaft lange ist es noch, bis zum Oktober nächsten Jahres, doch wir wissen zwar, was wir sind, aber nicht, was wir werden können. Die Verfasserin wusste nicht, wie lebensfroh sie die Aussicht auf einen Ausflug in die Hauptstadt Großbritanniens machen würde. Die Vorfreude darauf wird sie im kommenden Jahr aufrecht erhalten. Darum seid euch gewahr: Nennt mich was für ein Instrument ihr wollte, ihr könnt mich zwar verstimmen, aber nicht auf mir spielen.

Und bis dahin? Als Vorbereitung stattet sie der Burg im Jänner einen Besuch ab, um Hamlet in 6 Stunden zu genießen. (Jener besorgte Mann am Ticketschalter fragte sie beim Kauf der Karten, die Stirne runzelnd: „Sie wissen wie lange es dauert?!“) Danach kann man BC dabei beobachten wie er seiner Vorliebe frönt, Rollen anzunehmen, welche den Namen Khan beinhalten (Khan – Star Trek, Shere Khan – The Jungle Book), ihn in der Shakespeare Serie Hollow Crowns bewundern (Anhängerscharen von Tom Hiddleston gebt Acht – dies könnte auch euch gefallen) oder den Vorschlag der Verfasserin für einen besonderen Kalender 2016 unterstützen: SherlockBelstaff unbuttoned.
Die Verfasserin wird in den nächsten 300 Tagen darüber erheitert sein, dass sie eine der Auserwählten ist, und ein Lächeln wird immerzu über ihre Lippen huschen, wenn ihre Kameradin sie mit den Worten „Hello happy Hamlet ticket holder“ anspricht. Der Rest ist Schweigen.






Sonntag, 21. Dezember 2014

Sherrinford aus Vorarlberg


Im Zuge von Gesprächen über die Themenfindung für den diesjährigen Advent-Blog, haben ein paar Leute einen Beitrag zu BBCs Sherlock Staffel 3 vorgeschlagen. Da ich mich der Diskussion darüber, ob Sherlock betrunken lustig, genial oder out of character war nicht anschließen will (geschweige denn, dass alle U-Bahn Linien in The empty Hearse durcheinander sind, und ob Moriarty noch lebt – zumindest im nächsten James Bond schon, denn dort wird Andrew Scott mitspielen), werde ich dem Wunsch einiger nicht nachkommen. Tut mir leid. Nach reiflicher Überlegung bin ich allerdings zu dem Schluss gekommen, dass ich den englischen Detektiv nicht ganz ausblenden kann. Schließlich haben Mr Holmes und sein treuer Begleiter Dr Watson einen Großteil meiner freien Zeit 2014 in Anspruch genommen. Und weil es mehr skurrile und interessanten Fakten über the world’s only consulting detective gibt als man vermuten mag, dachte ich mir, ein Sherlock Holmes Trivia wäre eine gute Idee. Ich hoffe, euch damit Wissen zu vermitteln, mit dem ihr in English Literature 302 (liebe Grüße an Prof. Mengel) oder beim Weihnachtsessen brillieren könnt. Also bereitet euren Schuss Kokain vor, stopfe die Pfeife, klebt die Nikotinpflaster auf und los geht’s:

Beginnen wir mit einer Tatsache, die den meisten vermutlich bekannt ist: Sherlock Holmes sei die meist verfilmte fiktive menschliche Figur der Welt – 226 Filme gibt es. Ich schreibe daher „menschlich“, denn zählt man Vampire hinzu geht der Preis der meistverfilmten fiktiven Figur an Dracula – mit 239. Das muss man den Engländern lassen, darauf können sie sich was einbilden. Wir haben… Soko Kitzbühle… ok, vielleicht ist der Brenner ein besserer Vergleich… Ich würde ja gerne die Version Sherlock Homie sehen, von der ein Plakat bei 30 Rock in Tracys Garderobe hängt.

Die Drehbuchschreiber von Sherlock erzählten mal, dass ihr Ziel als Jugendliche gewesen ist, alle Sherlock Holmes Geschichten zu lesen und sie sich gewundert haben, wieso die Mädels daraufhin nicht Schlange gestanden sind. Ich kann nur bestätigen, dass es umgekehrt auch nicht funktioniert. Ich habe alle 56 Kurzgeschichten und 4 Bücher gelesen und bin nach wie vor Single. Komisch… ;-)

Ironie über Ironie: Der Mann, der den berühmten Schnüffler erfunden hat und der das Bild des viktorianischen Londons wie kaum ein anderer geprägt hat, war Schotte und hatte London kaum besucht als er mit den Geschichten des Detektivs begann.

Sir Arthur Conan Doyle ist eigentlich ein Künstlername. Sein richtiger Name war Arthur Ignatius Conan Doyle. Er selbst hat aber damit begonnen seinen Mittelnamen (der eigentlich ein Vorname ist) als Nachname zu verwenden und damit seine Biographen dazu gebracht es ihm gleich zu tun.

Wer könnte das glauben? Das kleine, verschlafene Örtchen Feldkirch in Vorarlberg spielte in Sir Arthurs Leben eine wichtige Rolle. Er ging u.a. dort zur Schule, schrieb für die Schülerzeitung und entdeckte dort die Werke von Edgar Allan Poe, dessen Detektiv C. Auguste Dupin mit seinen Methoden ein Vorbild für Sherlock Holmes werden sollte.

Wer sich (wie ich) schon immer gedacht hat, dass Sherlock ein komischer Name ist, der sollte froh sein, dass Sir Arthur nicht seinem ersten Einfall nachgegeben hat. Ursprünglich sollte der Detektiv nämlich Sherrinford heißen. In Sherlock Holmes: Die Biografie des großen Detektivs aus der Baker Street ist Sherrinford der älteste Bruder der Holmes (darauf könnte es auch in der Serie Sherlock hinauslaufen, in der ein „anderer“ Bruder erwähnt wird). Im Kanon hat Sherlock einen 7 Jahr älteren Bruder, der einen nicht weniger bizarren Namen trägt: Mycroft. Obwohl Mycroft eine der bekanntesten Figuren ist und von zahlreichen berühmten Schauspielern dargestellt wurde (u.a. Stephen Fry und Christopher Lee), so taucht er nur in 2 Sherlock Holmes Geschichten auf und wird in nur 2 anderen erwähnt.

Es gab nie eine Hausnummer 221 Baker Street in den Zeiten von Holmes. Angeblich ist die berühmteste Adresse Londons 221B Baker Street (Meiner Meinung nach ist es Downing Street 10, aber bitte…). Leser der Sherlock Holmes Geschichten schickten tatsächlich Briefe an diese Andresse, um den Detektiv um Hilfe zu bitten. Dumm nur, dass die Postboten nicht wussten wohin damit, denn zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Baker Street gerade mal so lange, dass die Hausnummern nur bis 85 gingen. Der Buchstabe B ergibt sich daraus, dass sich die Wohnung im ersten Stock befindet. Die Wohnung im Erdgeschoß wäre 221A und jene im ersten Stock eben 221B. Heute hat das Sherlock Holmes Museum die Adresse 221B, obwohl die eigentliche Adresse Baker Street 239 ist. Verwirrt? Der arme Pizzabote sicher auch…

Die Sache mit dem berühmten Deerstalker Hut… Der eigenartige Hut (lasst uns ehrlich sein: NIEMAND schaut mit dem Ding gut aus) hat sich durch die Illustrationen von Sidney Paget im Strand Magazine, in dem die Kurzgeschichten erschienen, eingebrannt. In den Geschichten selbst trägt Sherlock Holms zwar einen Hut, wenn er einen Fall außerhalb von London löst, aber dass es sich dabei um einen Deerstalker handelt wird nie explizit erwähnt.

Sir Arthur und die Namen… ACD hatte nicht nur eine Vorliebe für eigenartige Vornamen, sondern auch eine Tendenz diese zu vergessen. So wird John Watson in The man with the twisted lip von seiner Frau immerzu “James” genannt. Auch die Haushälterin Mrs Hudson (deren Vorname wir im Kanon nie erfahren) heißt zwischendurch mal Mrs Turner. John Watsons Mittelname beginnt mit H. Wir erfahren aber nie wie er lautet.  

Generell hatte es ACD nicht so mit Kontinuität. Im ersten Buch – welches übrigens zu Beginn ein Flop war und von den meisten Verlagen abgelehnt wurde – leidet Dr Watson an einer Kriegsverletzung am Bein, danach plötzlich am Arm und in späteren Büchern generell nur mehr „an einer der Gliedmaßen.“ Auch Dr Watsons Frau Mary Morstan taucht auf, wird geheiratet und verstirbt irgendwie dazwischen spurlos. Der Leser erfährt es aus einem Nebensatz. Einen allzu großen Vorwurf kann man ACD aber auch nicht machen, schließlich hat er das erste Buch mit 27 und das letzte mit über 70 geschrieben. In diesem Zeitraum würde ich auch einiges vergessen.

 Sherlock und die Drogen: Ja, Sherlock Holmes hat nicht nur Pfeife geraucht, er hat sich auch dem Kokain hingegeben. Man muss allerdings sagen, dass dies zu damaligen Zeiten üblich und Mode war. Einer der dutzenden Darsteller, die Sherlock Holmes im Laufe der Zeit zum Leben erweckt haben, war William Gillette („Für das Beste im Mann“), der das mit dem Method-Acting ein wenig zu ernst nahm, als er sich 1900 live auf der Bühne Kokain injizierte. Das war eben noch wahre Hingabe!

Wo wir schon beim Herrn Rasierer Gillette sind: Dieser verwendete im Bühnenstück Sherlock Holmes: A drama in four acts das erste Mal die Phrase „Oh this is elementary, my dear fellow“, welche später im ersten Sherlock Holmes-Tonfilm 1929 in „Oh, this is elementary, my dear Watson“ umgewandelt wurde und seither als der berühmteste Ausspruch des Detektivs gilt (die Serie Elementary ist danach benannt). In den Büchern verwendet Sherlock Holmes diese Phrase nie. Am nächsten kommt der Dialog in The crooked man:
Watson: „Excellent!“
Sherlock (trocken): „Elementary.“

Die einzige Frau im Kanon, für die sich Sherlock Holmes irgendwie interessiert, ist Irene Adler. Daher kommt sie in den meisten Verfilmungen (z.B. Sherlock Holmes mit Robert Downey Jr) immer als dessen Love Interest daher. Im Kanon ist Ms Adler allerdings überhaupt nicht an Holmes interessiert, denn ihre kriminellen Machenschaften dienen einzig dem Zweck den Mann, den sie liebt, heiraten zu können. Jene Verfilmung von A scandal in Bohemia mit Jeremy Brett in der Hauptrolle ist die einzige, die sich in dieser Hinsicht an die Buchvorlage hält.

Sherlock Holmes macht eigentlich keine Deduktionen, sondern Abduktionen. Der Unterschied ist, dass bei Letzterem die Schlussfolgerung, zu welcher man durch Beobachtung kommt, nicht zwingend immer richtig sein muss. Wohingegen bei der Deduktion die Rückschlüsse basierend auf den erhaltenen Daten (meist durch logische Ableitung von Aussagen) immer korrekt sein müssen. Aber da Sherlock Holmes prinzipiell immer recht hat, handelt es sich vielleicht doch um Deduktion. Und seinem Ego entspricht es auch dies so zu bezeichnen.

Sir Arthurs Verdienste gehen aber weiter als die Erfindung des berühmten Detektives (den er zwischendurch tötete und wiederauferstehen ließ – der Vorläufer der Duschszene von Dallas sozusagen), denn er hat das englische Wort „grimpen“ erfunden ( „Moor“ aus The hound of the Baskervilles) und schrieb den Science Fiction Roman The lost world, welcher Michael Crichtons Jurrasic Park inspirierte.

Wer Zeit, Geld und Lust auf mehr Fakten rund um den Detektiv aus der Baker Street hat, der kann dessen Heimatstadt einen Besuch abstatten, denn im Museum of London gibt es zur Zeit die bisher größte Sherlock Holmes-Ausstellung.
Quellen: Das, was von monatelanger Recherche hängen geblieben ist.