Mittwoch, 27. Oktober 2010

The Social Network- Gemeinsam einsam


Die einzigen Wörter, die ich in den ersten 5 Minuten des neuen Films von David Fincher verstehe sind „Blog“ und „Pop up-Fenster“. Meine Begleitung- Informatikstudent- neben mir nickt wissend und ich hoffe inständig, dass dieser Monolog für den Fortgang der Handlung nicht zwingend ist. Schon einige Minuten später stelle ich erleichtert fest, dass dem nicht so ist.
Ich werde mich nicht an der Tatsache aufhängen, dass dieser Film so gut wie nichts mit den tatsächlichen Ereignissen zu tun hat. Der Film basiert auf einem Buch von Ben Mezrich und nicht auf der Autobiografie von Mark Zuckerberg. Regisseur David Fincher, sowie Justin Timberlake haben betont, die Geschichte sei „loosely based on actual events.“ Tja, dann weiß man eh schon, dass die Namen das einzige sind was historisch korrekt ist. (Kann bei einem Zeitumfang von 7 Jahren von „historisch“ sprechen?) Da dieser Film also nicht von vornherein die Roland Emmerichsche „historische (Un)Korrektnes“ postuliert werde- und kann ich mangelnden Wissens- nicht über die Authentizität des Films urteilen.
Der Inhalt ist schnell erzählt: Es geht um die Entstehung und vor allem um den damit zusammenhängenden Rechtsstreit des Social Networks Facebook. Hat Mark Zuckerberg (Jesse Eisenberg) geistiges Eigentum gestohlen und seinen ehemaligen besten Freund (Andrew Garfield) um Millionen betrogen? Welcher Mensch steckt hinter dem Gründer von Facebook?
 Definitiv ein brillanter. Dies stellt auch der Film klar. Doch sonderlich sympathisch kommt der kleine Nerd mit seinen Adidas- Schlapfen im Schnee nicht daher. Sympathieträger im Film ist da eher sein bester Freund und Mitbegründer Eduardo Saverin. Fincher verzichtet aber darauf aus Zuckerberg einen durch und durch schlechten Menschen zu machen, dem der Erfolg zu Kopf steigt. Vielmehr sehen wir einen jungen Mann, dem Beachtung wichtiger ist als Geld und der mehr so tut als wäre er ein unguter Zeitgenosse als einer zu sein. Eine interessante Charakterstudie.  
Die Dramaturgie mit ihrer Mischung aus Gegenwart und Vergangenheit macht die Erzählung interessant. Die Rückblenden versuchen das Wesen von Zuckerberg und die Umstände, die zur Anklage geführt haben zu erklären. Trotz dieser Erzählvariante plätschert der Film durchwegs dahin, ohne mit richtigen Höhepunkten aufwarten zu können. Die Darsteller mache ihre Sache gut, vor allem Jesse Eisenberg und Andrew Garfield als Zuckerberg und Eduardo Saverin bringen es fertig zu zeigen, dass sie trotz des Grolls den sie füreinander hegen noch immer eine Freundschaft verbindet und den Lauf der Ereignisse bedauern. Justin Timberlake spielt solide, kann aber nicht an seine Performance in Alpha Dog herankommen.
Einer der wenigen lustigen Momente ist jener des Gastauftrittes von Bill Gates. Was das Product Placement betrifft, konnte man sich anscheinend nicht einigen und wollte niemanden verärgern, um wie Zuckerberg um einige läppische Millionen verklagt zu werden. Mal sieht man einen Dell Computer, gefolgt von einem iBook und einem Vaio.
Störend ist der digital eingefügte Atem in den Szene auf dem winterlichen Campus von Harvard. Es sieht so unecht aus, dass es besser gewesen wäre ihn wegzulassen.
Was ist die Moral des Films? Man braucht kein Genie zu sein, um so etwas wie Facebook zu erfinden, sondern betrunken und unglücklich verliebt. Wenn dem so ist, besteht für viele von uns noch Hoffnung.  

Bildquelle: http://www.meetinx.de/files/2010/07/the-social-network-plakat.jpg 

Dienstag, 19. Oktober 2010

Das Geschäft mit der Liebe- Nix verstehen


Am Montag ist Prolo-Abend auf ATV. Zuerst Das Geschäft mit der Liebe und danach ATV-Die Reportage. Gestern über Trankler im Wiener Beisl. Besonders gefreut hat mich dabei der Einblick das Lokal bei mir um die Ecke. Ich habe schon immer gewusst, warum ich es mir nur von außen anschaue…
Ich muss gestehen, gestern war meine Entjungferung- was Das Geschäft mit der Liebe betrifft. Und was für ein Erlebnis das war! Es geht um Männer, die mit AVT in Kooperation mit einer Partneragentur in den Osten fahren, um dort die Frau zum Heiraten zu finden. Was sich die Männer davon erhoffen: „Die österreichischen Frauen sind so eingebildet. Die vom Osten sind anders.“ „Dort haben Männer wie ich noch Chancen auf eine hübsche, junge Frau.“ „Dort ist die Verteilung noch anders. Frauen kümmern sich um den Haushalt und die Kinder.“ Alles klar, er sucht eine Putzfrau- Entschuldigung Raumpflegerin.  Allesamt sind es Männer, dir bisher nur schlechte Erfahrungen mit Frauen gemacht haben. Sie wurden enttäuscht und verlassen. Aber im Osten ist alles besser- vor allem die Frauen!
Als einen der Ersten lernen wir einen 59 jährigen Energetiker kennen, der bisher nur schlechte Erlebnisse mit Striptease-Tänzerinnen vom Gürtel hatte (Tatsache?!). Seiner Meinung nach liegt das daran, dass er immer „zu nett“ ist. Wir treffen ihn in seinem Energetiker-Büro (eine ausgebaute Garage) mit seiner neuen Freundin. Sie kommt aus Ungarn, ist Striptease-Tänzerin am Gürtel, schaut weder ihn noch die Kamera an und spricht kein Wort. Sie macht auf mich einen „sehr glücklichen“ Eindruck. Unser Energetiker erzählt uns: „Sie wohnt seit einigen Tagen bei mir.“ Moderator: „Wie lange kennen Sie sich schon?“ „Seit 4 Tagen.“ Moderator: „Und, glauben Sie, dass diese Beziehung Zukunft hat?“ Er: „Wenn es passt, dann passt es. Und wenn es heute passt, dann passt es. Wenn es in zwei Monaten passt, dann passt es.“ Wenn Sie jetzt glauben, dass dies die philosophischste Feststellung des Abends war, dann irren Sie gewaltig. Die war nämlich: „Wer weiß, heute ist heute, und morgen ist morgen, aber wir wollen im Heute Leben. Gestern war und heute ist heute.“ Amen!
Da er den ATV Trip schon gebucht hatte bevor er seine Tänzerin kennenlernte will er den Trip trotzdem machen. Man will ja nix verpassen- vielleicht ist was Besseres dabei… Also fackelt unser energischer Freund nicht lange und nimmt seine neue Flamme prompt mit.
Der Energetiker ist nicht der einzige auf Brautschau. Da gibt es noch den übergewichtigen Wiener, der gerne am Wochenende im Prater singt und Teddys sammelt. Charlie Chicken, der viele Hühner hat und sonst nicht viel zu bieten. Und einen Mann, der findet, dass „Kinder heutzutage nicht rentabel sind.“ Stimmt, in Österreich kann man sie so schwer verkaufen. (!?) Da ich seinen Namen vergessen habe, nennen wir ihn der Einfachheit halben „Macho.“
In einem Luftkurort (Was soll das sein?! Ist nicht alles außer eine Großstadt mit Smog-Wolke  ein Luftkurort!?) in Ungarn angekommen, werden wir Frauen interviewt. Sie sind alle hübsch. Der Moderator stellt eine Frage, die den Zuschauer schon seit Beginn quält: „Was erhoffen Sie sich von dem Treffen mit den Männern?“ Einige ausgewählte Antworten: „Einen netten Mann, der liebevoll ist.“ „Er sollte sich finanziell um eine Familie kümmern können.“ „Österreichische Männer sind viel zuvorkommender als die Männer hier.“
Schnitt- und wie sehen den Macho und den Teddybärensammler im Hotel. Spätestens jetzt muss man sich als ÖsterreicherIn fremdschämen. Nun weiß ich, warum Pinguine Austria Werbung machen.
Vor und nach den Werbepausen frage ich mich warum das Logo eine Matrjoschka ist. Wir sind doch nicht in Russland? Soll das auf die Bedeutung der Puppen für Fruchtbarkeit und Mütterlichkeit verweisen? Kann ich dem Fernsehen so eine metaphorische Bedeutung zutrauen?  Oder hat es damit zu tun, dass in der Sendung viel Wodka getrunken wird?
Der Macho will Vorabgespräche mit den Bewerberinnen führen. Man muss sich schließlich ein Bild von den inneren Werten machen, bevor man wen heiratet. Dazu sieht er sich alle genau an und entscheidet, dass es rein Äußerlich, zwei in die nächste Runde schaffen. Diesen beiden stellt er mit Hilfe der Partnervermittlerin, die als Übersetzerin fungiert, auf überheblichste Art und Weise Fragen. Zum Glück für die Frauen verstehen sie nichts von dem was er sagt.
Energetiker und seine Freundin sind auch angekommen und beschließen schon am nächsten Tag wieder abzureisen. Ihre Beziehung sei so „harmonisch.“ Genauso wie ihre Kommunikation: keiner spricht die Sprache des anderen. Aber warum soll man das als Hindernis betrachten? Das ist bei vielen Paaren so.
Die anderen haben inzwischen einen internationalen Weg gefunden sich mit den Frauen zu verständigen: Alkohol. Wir sehen zu wie der Macho seine „Freundin“ gegrapscht, sich der Teddyfreund betrinkt und er und Chicken Charlie am nächsten Morgen nur in Gesellschaft von Kater aufwachen. (Der Anblick des Teddysammlers Oben ohne wird mich noch lange verfolgen. Ob ich AVT meine Psychotherapie in Rechnung stellen kann? Wegen visueller Grausamkeit.)
Und was ist die Moral dieser Sendung? Wie Der kleine Prinz schon gesagt hat: „Die Sprache ist die Quelle aller Missverständnisse.“ Sex und Alkohol reichen völlig aus. Warum verstehen was der andere sagt? Führt nur zu Konflikten, DENN: „Heute ist heute und gestern ist gestern, und heute ist heute und…“       

Donnerstag, 7. Oktober 2010

Frank Wildhorn & Friends- Stars und Werbung


Vierzig Mann des Orchesters der Vereinigten Bühnen Wien sitzen auf der Bühne des Wiener Raimund Theater, Dirigent Koen Schoots betritt die Bühne. Doch nicht wie erwartet hebt er den Taktstock, um zu beginnen, nein, er muss noch das Ende des donnernden Applauses abwarten, das Frank Wildhorn beim Betreten der Bühne ausgelöst hat. Lächelnd setzt er sich an den Flügel und das Konzert beginnt mit der Ouvertüre von Rudolf.
Am 04.10 2010 findet in dem Theater, welches von Dienstag bis Sonntag das Jukeboxmusical Ich war noch niemals in New York  beheimatet, die Veranstaltung Wildhorn & Friends statt. Ein Konzert, in dem die Musicalstars Linda Eder, Pia Douwes und Thomas Borchert gemeinsam mit dem Orchester der Vereinigen Bühnen Wien, unter der Leitung von Koen Schoots, und Frank Wildhorn persönlich einen Querschnitte seiner Werke zum Besten geben. Ich schreibe ausdrücklich NICHT seine „bekanntesten Lieder“, denn es sind einige darunter die in Österreich (noch) nahezu unbekannt sind.
Den gesanglichen Anfang machen Pia Douwes und Thomas Borchert mit I will be there aus Der Graf von Monte Cristo. Das Stück berührt und beide Interpreten können glänzen- kein Wunder bei Thomas Borchert, hat Wildhorn ihm die Rolle des Grafen auf den Leib geschrieben- doch merkt man dem Staging (Regie: Alex Balga) an, dass es aufgrund weniger Proben nicht in Fleisch und Blut übergegangen ist. Dieser Umstand fällt mehrere Male am Abend auf: Die sogenannten Choreografien des Ensembles- zusammengestellt aus 8 Darstellern von Ich war noch niemals in New York- wirken fehl am Platz. Einzig Steven Seale tanz  sich zu Viva die Seele aus dem Leib, um Pia Douwes gut aussehen zu lassen.
Beim Auftritt von Linda Eder wird klar: hier ist ein echter Star am Werk. Ihre Stimme beeindruckt vom ersten Ton an, und ist ebenso imposant wie ihr Dekoltée im roten Kleid. Sie ist diejenige von den drei Sängern, die immer stimmsicher ist. Borcherts Intonation zu Beginn des Duetts aus Rudolf ist völlig falsch, und man merkt, dass ihm das Lied einfach nicht liegt. Diesen Eindruck hat man auch bei Pia Douwes Interpretation von How bout a dance. Diese Nummer passt nicht zu ihrer klassischen Stimme und wäre wohl eher etwas für Linda Eder gewesen.
Das Orchester der Vereinigen Bühen Wien ist- wie immer- ausgezeichnet. Sie bringen Schwung in ein etwas zu Balladen-lastiges Programm. 
Wildhorn selbst führt durch den Abend. Er erzählt zu den einzelnen Stücken Anekdoten zu ihrer Entstehung. Dies vermag er mit Witz und Charme, sodass es die Stimmung auflockert. Im zweiten Teil nimmt er sogar selbst das Mikrofon in die Hand und gibt mit Lida Eder gemeinsam ein Lied zum Besten.
Der musikalische Mix ist eine Mischung aus altem und neuem. Wildhorn macht ungeniert Werbung für seine neuen Stücke Wonderland, Bonny & Clyde und Carmen. Einige der Zuschauer hätten sich wohl mehr „Klassiker“ gewünscht.
Als vorletztes Lied singt Thomas Borchert This is the moment aus Jekyll & Hyde- seine erste Begegnung mit Wildhorn. Dieser Showstopper lässt seine eher blasse Performance im ersten Teil beinahe vergessen.
Trotz Schönheitsfehler gibt es am Ende Standing Ovation. Schade nur, dass nicht mehr Leute an der Veranstaltung teil genommen haben- das Raimund Theater war halb leer (halb voll, wenn man optimistisch ist). Das nächste Mal darf man auf mehr Werbung und Proben hoffen, damit einem perfekten Abend nichts mehr im Wege steht.