Freitag, 1. Februar 2013

Flight - Ihr Flugzeug, Ihr Denzel

Ich gebe zu, wäre der Film nicht Oscar-nominiert, ich hätte ihn mir nie angeschaut. Beim Trailer habe ich mich gefragt: Was ist das? Snakes on a plane nur ohne Schlangen und mit guten Schauspielern? Wieso gibt es so viele Flugzeug-Katastrophen-Filme? Theoretisch verstehe ich, dass ein Flugzeig 10 000 km über dem Boden eine besondere Art von Closed-Room Mystery ist, aber praktisch kann ich die Faszination solcher Filme nicht nachvollziehen.

Aber nun ist der Film für 2 Oscars nominiert, und da ich heuer auf die Academy Awards vorbereitet sein will, schaue ich mir Flight eben an.

Eine Frage hat mich vorweg gleich beschäftigt: Gibt es heuer eine Vorgabe, dass nominierte Filme mindestens 2 Stunden lang sein müssen? Lincoln, Django, Les Misérables, … alle jenseits von 2 Stunden. So auch Flight. Nicht, dass ich mich außer Stande sehe, mich 130 Minuten lang zu konzentrieren, aber dennoch… winiger ist manchmal mehr. Bisher war ich bei meiner Oscar-Vorbereitung sehr fleißig. Leider gebe ich zu, dass mir Beasts of the southern wild nicht gefallen hat – ich habe nicht verstanden, was die Urzeit-Wildschweine sollen. Aber was kann man von einem Film erwarten, dessen Protagonistin Hushpuppy heißt?! Und Lincoln: Großartig gespielt, aber aufgrund meines begrenzten Interesses für US-Geschichte, bestand mit der Film doch zu sehr aus politischen Dialogen. Da ich weiß, wann Amerika entdeckt wurde und, dass die Black Panther Party keine Tierschutzorganisation ist, ist mein Geschichtswissen vermutlich besser als das des Durchschnittsamerikaners, und daher sehe ich keinen Grund es zu verbessern. Ich werde mein Bürgerkriegswissen also weiterhin auf The Patriot (Fokus auf Heath Ledger R.I.P), Gone with the wind (Fokus auf Kostüme und weibische männliche Vornamen) und North and South (Fokus auf Seifenoper) stützen.

Nun aber zum eigentlichen Film: Whip Whitaker – es lebe die Alliteration -  (Denzel Washington) trinkt, raucht, kokst und ist Pilot. Nach dem Start kippt er gleich noch einen (oder 3) Wodka-Orange. Dann gibt es Turbulenzen. In einer waghalsigen Aktion bringt er die Maschine zu Boden und rettet das Leben vieler. Er ist ein Held. Doch dann braucht man einen Sündenbock, und den findet man in Form des betrunkenen Piloten.

Robert Zemeckis inszeniert den Flugzeugabsturz ohne übertriebenes Pathos und trotzdem – oder gerade deswegen – spannend. Wenn ein Film das Prädikat „Beruht auf einer wahren Begebenheit“ hat, ist bei den Amerikanern Vorsicht geboten. Um es mit den Worten von John Goodmans Figur zu sagen: „klassische Heldenverehrungs-Scheiße.“ Zemeckis umgeht dies geschickt und hat in Denzel Washington einen Schauspieler gefunden, der den eigentlich verantwortungslosen Piloten zum Sympathieträger macht, obwohl er alle Frauen als „Süße“ tituliert.
Wer sich Flugzeug-Action erwartet, hat das falsche Ticket gebucht, denn im Film geht es viel mehr um das Thema Sucht, als den Flugzeugabsturz. Dieser ist viel mehr nur das auslösende Moment. Die Meinungen darüber, wie im Film mit Suchtmitteln umgegangen wird, sind durchwegs kontrovers: Die einen sehen im Film eine Verharmlosung des Alkoholismus, und die anderen eine realistische Darstellung von Alkoholkrankheit. Die Frage muss wohl jeder für sich selbst beantworten, denn zwar führt Whip zu Beginn ein Dandy-Leben à la Catch me if you can, doch relativiert sich diese Sicht sogleich nach dem Absturz. Zwar kann Whip mit mehr Promille als Lindsey Lohan noch immer recht passabel Auto fahren, aber deswegen ist er nicht weniger einsam. Prinzipielle Frage: Müssen Mann und Frau immer miteinander schlafen, wenn der eine die andere aufnimmt?! Sollte ich mir wegen meines Mitbewohners Sorgen machen?     
Laufen Treffen der Anonymen Alkoholiker wirklich so ab, dass man seinen Namen sagt, und alle daraufhin „Hallo …“, sagen? Ich sollte wirklich mal zu einem gehen, um das zu recherchieren. Allerdings würde ich mich dabei fühlen wie Edward Norton bei Fight Club, und das könnte ich moralisch nicht verantworten.
Fazit: Toller Soundtrack, der immer wieder mit dem Wechseln von inter- und extern diegetischer Musik spielt. Abgesehen von einem schwarzen Hauptdarsteller hat Flight nichts mit Snakes on a plane gemein. Den Titel finde ich doch zugegeben etwas einfallslos. Es gibt dutzende Filme, die was mit Flight heißen: Flight Plan, Flight United 93, … Denzel Washington liefert eine facettenreiche Darstellung ab, und auch die Nominierung für das beste Drehbuch ist völlig gerechtfertigt (besonders die Szene im Krankenhaus zwischen Whip, Nicole und dem Krebskranken, der Weisheiten von sich gibt wie: „Der Tod gibt einem Perspektive.“, ist sehr gut geschrieben).
Leider muss am Schluss doch noch Pathos sein, und natürlich Gott. Irgendwie bleibt am Ende doch ein Gefühl von Dejà vu…. nur eine andere Richtung...

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