Freitag, 9. Mai 2014

2. Semi-Finale Song Contest 2014



Der Abend des 2. Semi-Finales des sinnlostesten Musik-Events des Jahres, dem Song Contest 2014, beginnt mit einem musikalischen Previously on – Eindrücken vom ersten Semi-Finale am Dienstag.
Es folgt der typische Werbefilm über das Gastgeberland: Ein blondes Mädchen wird von leuchtenden Würfeln zur Veranstaltungshalle geführt.

Dort werden wir von einem Arrangement des Tangos der Eifersucht  empfangen und Tänzern, die ein bisschen an Storm-Trooper erinnern, und zwei Solisten mit Joker-Schminke interpretieren das Lied.  

Heute trägt die magersüchtige Moderatorin Schwarz, wieder mit komischen Blumen-Aufnähern und einem Kragen, der an Queen Elisabeth I erinnert, oder an Shakespeare. Um 10 Things I hate about you zu zitieren: „Soll sie davon abhalten sich die Wunden zu lecken?“

Startnummer 1 hat heute Abend Malta mit den Geschwistern Edwards – eine Mischung aus (wieder) Kelly Family und Mumford & Sons. Der Sänger flirtet verkrampft mit seinem Zahnpasta-Werbung-Lächeln. Es mutet schon lächerlich an, wenn die Musiker so tun würden sie voll in die Tasten (Saiten) hauen, wenn die Musik doch vom Band kommt.

Israel: Die Sängerin hat eine Frisur im Stil von Kylie Minogues Can’t get you out of my head. Ihr vo-ku-hi-la-Kleid ist sehr unvorteilhaft. Beim ersten Refrain wagt sie einen „Schlampen-Walk“ nach Downstage mit ihren Tänzerinnen (auch unvorteilhaft gekleidet und könnte man von den Bewegungen her mehr als Kämpferinnen als Tänzerinnen einstufen). Am Ende gibt es viel Licht, von dem man wesentlich geblendeter ist, als von der Performance.

Norwegen wird vertreten von einem Fenster-reparierendem Wikinger – ehemals Türsteher in einem Black-Metal-Club, wie es sich für einen echten Norweger gehört. Und der Song Contest beweist, dass er auch überraschen kann, denn es kommt anders als erwartet: Keine Metal-Nummer, sondern eine Ballade mit Geigen und Klavierbegleitung. Die vier Geigerinnen sogar im Batik-Vorhang-Stil gekleidet.

Georgien: Der Song heißt Three Minutes to Earth – wenn man mit einem Flugzeug abstürzt ist das vielleicht zutreffen, oder wie Andi Knoll es treffend formuliert hat: „Der Felix Baumgartner Gedächtnis-Song.“ Vermutlich steht deswegen ein Typ mit Fallschirm auf der Bühne. Den Gesang kann man am besten als eine Mischung zwischen Jodeln und Jammern beschreiben – dargeboten von einer Hippy-Fee in grünem Kleid mit Gänseblümchen auf der Wange, welche in öko-peace and love-Manier mit den Armen wachelt. Und für was ist der Fallschirm-Typ noch einmal da?!

Polen präsentiert ein Lied mit Soft-Porno artiger Grundstimmung – deswegen hat es viele, viele Klicks auf YouTube. Wäschermädels mit tiefem Dekolletée bedienen sich an der Waschrumpel und rühren lasziv mit Stab in der Butter. Ungefähr genauso habe ich ausgesehen als ich selbst vor einer Stunde die Waschmaschine eingeschalten habe – sexy in meinem Eulen-Pyjama mit Strickjacke. Niemand sieht so verführerisch aus wie ich, wenn ich auf den Startknopf einer Waschmaschine drücke… Endlich ist der Soft-Porno zu Ende und wenn die Butter jetzt nicht steif ist…

Endlich: Queen of Austria – Conchita Wurst. Ich gebe zu, dass es das erste Mal ist, dass ich unser Song-Contest Lied ganz höre. Conchita steht in einem Lichtkegel in Mitten eines Sees aus Nebel. Die Halle ist in gold-rotes Licht getaucht und Flügel aus Feuer fliegen über die LED-Wand. Passend zum letzten Aufbäumen des Refrains gibt es dann Feuer. Und man kann nicht mehr dazu sagen als: Melodrama vom Feinsten.

Die Sängerin aus Litauen hat etwas von Mila Jovovic in ihrem futuristischen blau-schwarzen Latex-Outfit. Oh, ihr Tellerrock hat Löcher, durch die ihr Tänzer mit den Händen greifen kann. Gegen Ende sprüht dann Rauch aus Düsen im Takt und ihre Haare stehen elektrisch zu Berge.  

Finnland rückt mit der finnischen Version der Killers an. Ihr Schlagzeuger sieht mit seinem weißen 80er Jahre Ledersakkot aus wie dem Breakfast Club entsprungen.

Irland: Kleopatra mit schwarzem Haar und dunklem Teint betritt die Bühne – unirischer geht’s kaum. Das hat man sich dort wohl auch gedacht, denn als Ausgleich gibt es irische Stepper in Schottenröcken (man muss die britischen Nationen ja vereinen), die ihre Hände unüblich viel bewegen für irischen Step. Ach ja, und keltische Zeichen am Boden hätten wir auch noch.  

Weißrussland: Der Titel des Liedes würde mich prinzipiell ansprechen: Cheescake. Auch die ersten Textzeilen finde ich lustig: „I’m no Patrick Swayze, you’re no Jennifer Grey.“ Und wer trägt die Wassermelone?! Aber sonst kann der Song nichts. Der Sänger versucht auf Michael Bublé mit Background Sängern inkl. Boyband-Choreo zu machen.

Makedonien: Bei ihrem Hosenanzug sollte die liebe Frau bitte noch mindestens einen Knopf mehr zumachen, danke! Ihr Busen ist jetzt nicht so, dass ihn ganz Europa sehen müsste…

Kurze Zwischenfrage für Blondinen: Wie funktioniert das eigentlich: Wer darf sich beim Song-Contest zu Europa zählen? Seit wann gehört Israel zu Europa? Ich meine, ich bin echt schlecht in Geografie, aber… Oder Aserbaidschan… Darf da jeder mitmachen, der genug Kohle zahlt?!

Die Schweiz pfeift uns was mit Banjo-Musik. Ich muss aber zugeben, der Sänger hat ein sympathisches Lächeln, und das liegt nicht daran, dass ich einen Faible für Männer mit dunklen Löckchen habe. Okay, vielleicht ein bisschen… Wo waren wir?

Griechenland: Offensichtlich geht es der Nation finanziell wieder besser, wenn sie Geld für den Song Contest hat. Da wissen wir wo unsere Unterstützung hingeht. Die Tsatsiki-Nation wird von einer techno-Boyband vertreten. Wenn man entsprechend Ecstasy intus hat, kann das vielleicht auch was. Aber so… Ich finde es sowieso unverantwortlich nicht-Drogen-induziert an einem Rave teilzunehmen – das erträgt man ja nicht! Oh ein Trampolinspringer… Wieso?! Ach ja: weil’s keine Drogen gibt.

Slowenien präsentiert Querflöte vor Sternenhimmel in Mitternachtsblauem Kleid à la Königin der Nacht, nur um viele Oktaven tiefer. Der Text lautet: „What are you doing? Can you believe it?“ Ich glaube keiner weiß so genau bei der Veranstaltung, was er tut und glauben kann man das wahrlich nicht. Beim letzten Refrain wechselt der Hintergrund von blau auf gold und nun weiß die gute Frau eindeutig nicht mehr wohin mit ihrer Flöte.

Und schon sind wir beim letzten Song des Abends. Wie schnell die Zeit vergeht, wenn man Spaß hat… Wenn das jetzt ein bisschen sarkastisch geklungen hat, dann liegt das daran, dass es genauso gemeint ist.

Rumänien: Das Schlimmste kommt am Schluss. Der Sänger sieht einem Mecki recht ähnlich. Und was macht der da für komische Handbewegungen? Jetzt der „beeindruckteste“ Effekt des Abends: die Sängerin löst sich in Luft auf und materialisiert sich dann auf den anderen Seite der Bühne. „Beam me up, Scotty“ für Arme sozusagen. Ein weiteres Highlight ist ein rundes Klaviertastatur in Mitten der Bühne – ein Klavier-Donut sozusagen. Ist das womöglich mit dem Hamsterrad der Ukraine verwandt? Der Sänger geht hin und wieder mal dahin und tut so als würde er spielen. Sieht „toll“ aus, wenn er die Tastatur wieder verlässt und das Klavier spielt trotzdem weiter. Dann umarmen sich die beiden beim Singe völlig unmotiviert. „It’s a miracle. It’s so beautiful.“ Ein Miracle ist, dass ist nicht ausgeschalten habe. 

Es folgt der Schnelldurchlauf aller Teilnehmer. Woher kommt es wohl, dass die Beiträge im Schnelldurchlauf um so vieles Erträglicher sind?

Nun ein Land, von dem sogar ICH weiß, dass es sicher nicht in Europa liegt (auch wenn es von US-amerikanischen Bürgern gut und gerne mit unserer Alpennation verwechselt wird): Australien. Die Nation Down Under ist nämlich total begeistert von dem Musikspektakel Song Contest – liegt vermutlich daran, dass die hohen Ozonwerte dort sich auf die Gehirnaktivität auswirken. Ihnen ist ein kleiner Tanz inklusive aller Klischées diverser Beuteltiere gewidmet. Dann singt noch eine Australische Sängerin, die auch so komische Handbewegungen macht. Ihr Lied ist genauso nichts-sagend wie es sich für einen typischen Song Contest Beitrag gehört – Australien wäre also würdig.
Dann gibt es noch eine Live-Schaltung nach Sydney, wo es gerade 6:30 Uhr ist. Ich meine, würden Sie deswegen aufstehen?! Wie hält man diese Veranstaltung aus, wenn man noch nichts getrunken hat?! Geht irish-Coffee als Frühstücks-Getränk durch?

Noch eine Tanz-Performance, über die zu schreiben ich jetzt überdrüssig bin. Man möge mir verzeihen. Nur so viel dazu: Am Ende kommt wieder eine Oma vor, die man sich vielleicht von Russland letztes Jahr geborgt hat.

Werbepause. Um die Zeit sinnvoll zu überbrücken, mache ich wieder einen auf Polen und widme mich meiner Wäsche:
 In den jeden Quadratzentimeter meines Körpers bedeckendem Eulen-Pyjama-Strickwesten-Outfit schlurfe (lese: rekle ich mich) ich in das Badezimmer. Meine Haare hängen mir in achtloser (lese: sexy-verruchter) Manier ins Gesicht als ich mich behäbig (lese: mit elfenhafter Grazie) zum Ausschalte-Knopf der Waschmaschine beuge (lese: mein wohl geformtes Hinterteil hinausstrecke) um den Waschvorgang zu beenden. Achtlos (lese: sorgfältig) ziehe ich ein nasses (lese: feuchtes) Kleidungsstück nach dem anderen aus der Trommel und hänge es auf den Wäscheständer (ergänze: das kühle Feucht des purpurnen Kleidungsstückes kühlt meine erhitzte Haut).

ZIB-Flash. Bei einem Fernsehgespräch in Jordanien nehmen zwei Kontrahenten das Studio auseinander. Die haben offensichtlich den Song Contest auf nüchternen Magen gesehen.

Zurück beim Song Contest. Noch gibt es kein Ergebnis und deswegen sehen wir uns den Schnelldurchlauf noch einmal – Die Song-Contest-Voter-Zielgruppe leidet vermutlich an Alzheimer.

Und dann, endlich das Ergebnis. Weiter sind:

Schweiz – unser pfeifendes Ringellöckchen
Slowenien – Königin der Querflöte
Polen – Butter-Porno
Rumänien – Donut Klavier
Norwegen – softi-Türsteher
Griechenland – Trampolin Drogen
Malta – Kelly Family trifft Mumford & Sons
Weißrussland – auch am Samstag wird Käsekuchen serviert
Finnland – Killers trifft Breakfast Club
Und einen Startplatz gibt es noch. Als „Aus-tri-a, Aus-ttri-a!“-Sprechchöre in der Halle ertönen muss ich gestehen, dass ich doch ein bisschen patriotisch werde.
Und dann doch: Austria! Wir sind weiter!

So, nun haue ich mir ein Aspirin rein, werde zu Bette gehen und mich auf all die schrägen Beiträge am Samstag freuen. Denn die Big Five inkl. dem Gastgeberland bekommen wir erst bei Finale zu Gesicht.

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