Donnerstag, 8. Mai 2014

Das sinnloseste Musik-Spektakel des Jahres: 1. Semi Finale Song Contest 2014




Es ist Dienstag, 06.05.2014 und Mrs Branson hat gerade nach einer mehr als befremdlichen Folge True Blood meine Wohnung verlassen. Da ich mich definitiv noch nicht zu Bette begeben möchte, schalte ich den Fernseher ein, um vielleicht Willkommen Österreich zu erwischen. Überrascht muss ich feststellen, dass es heute kein Willkommen Österreich gibt, denn heute läuft das erste Semi-Finale des Eurovision Song Contests 2014. Wie konnte ich das nur übersehen…?
Leider steige ich daher erst bei Startnummer 9 (?) ein – jedenfalls bei der Ukraine. Und was für ein Einstieg das ist: Der Refrain ist irgendetwas mit „Tick Tock.“ Nein, die Sängerin ist nicht Kesha, sondern eine dunkelhaarige Frau, die auf scharfe Tussi mit Windmaschine macht (Kesha also gar nicht so unähnlich). Ihr Haustier hat sie auch mitgebracht: Einen Mann, der hinter ihr in einem riesigen Hamsterrad läuft. Nein, das ist keine Metapher, sondernd da steht tatsächlich ein überdimensionales Hamsterrad auf der Bühne. Es gibt auch noch eine Background Sängerin, die lauter ist als die Sängerin, aber der Fokus liegt doch mehr auf dem Hamsterrad.

Als Nächstes ist Belgien an der Reihe. Es sind ein Mann, der offensichtlich sehr gerne mal zur belgischen Schokolade greift. Sein mehr als melodramatisches Lied hat den Titel Mother, und beweist, dass Müttersöhnchen noch immer nicht in sind.

Und jetzt Moldawien: Vertreten von Tante Christina. So genannt, weil ihre kleine Nichte den Text geschrieben hat – klingt auch so. Refrain lautet: „I have no feelings, so merci!“ Naja, was will man von einer 9-jährigen auch an Tiefgründigkeit erwarten… Hier sind definitiv die Kostüme der Blickfang: Tante Christina sieht aus wie Walküre Christina und um sie herum tanzen 4 Männer in hautfarbenen Kostümen, die aussehen wie ägyptische Rüstungen mit Lendenschurz. Der Kommentar von Andi Knoll dazu: „Vier Staffeln Game of Thrones in 3 Minuten.“

San Marino: Die Sängerin und Produzent Markus Spiegel haben das Motto: „Aller guten Dinge sind drei“, denn sie treten heuer zum dritten Mal mit einem Lied an. Die letzten beiden Male sind sie nicht ins Finale gekommen. Die Hoffnung stirbt zu Letzt scheint das Motto in San Marino zu sein – optimistisches Volk! Der Text zu Beginn lautet: „Maybe there’s a perl inside.“ Das Bühnenbild ist entsprechend „originell“ gestaltet: Die Sängerin steht in einem weißen Kleid in einer weißen Muschel. Gesungen wird in gebrochenem Englisch und das Wort, das am öftesten vorkommt ist „maybe“. Naja, „maybe“ klappt es beim dritten Anlauf mit dem Einzug ins Finale.

Nun sehe ich zum ersten Mal die weibliche Moderatorin des Abends: Sie ist eine Brünette mit akuter Kalorienphobie, an deren Kleid an der Schulter eine riesige weiße Blume befestigt ist, welche größer als ihr Kopf ist. Ich würde ihr empfehlen vielleicht mal einen Bissen von dem mega-Blüten-Ding zu nehmen, bevor sie umkippt.

Portugal: Auch so eine optimistische – man möchte schon fast sagen naive – Nation: Sie sind seit 1964 dabei und haben noch nie gewonnen. Passend zum Liedtitel Ich will dein sein trägt die Sängerin ein „Kleid“, das mehr zeigt als verdeckt. Ein paar rote Blümchen auf einem nude Body bedecken die kaum vorhandenen Büste. Wenigstens kann das Lied mit einem gut gelaunten Beat aufwarten, auch wenn sich mir nicht erschließt was die „Tänzer“ in zu engen, schwarzen Lederhosen und Netzteilen sollen. Passend zum obligatorischen Dur-Wechsel kommt dann die Windmaschine ins Spiel, die den Drei-Wetter-Taft in der blonden Walle-Mähne der Sängerin testet.

Der Beitrag der Niederlande hat mir gefallen. Ehrlich. Das war etwas ganz anderes: ein Mann und eine Frau, die mit einer Gitarre „bewaffnet“ einander gegenüberstehen und sich beim Singen in die Augen sehen. Das Lied heißt Calm after the storm von den Common Linnets und kann wohl als Hipster-Country bezeichnet werden. Auch wenn der Stoff ihres Kleides aussieht wie eine Mischung aus Federn, Schuppen und Blumen und seine linke Augenbraue mir Angst macht, wenn er sie nach oben zieht, ist das mit Abstand das normalste Lied beim Song Contest – und das ist wahrlich ein Kompliment.

Montenegro: Das Lied heißt zu Deutsch Meine Welt, was zum Sänger passt, denn der liebe Herr ist über 2m groß – ich mit unter 1,6m kann mir nur vorstellen, dass es in solchen Höhen tatsächlich eine eigene Welt ist. Eine Tänzerin fährt Rollschuh auf der LED-Bühne und die Background Sänger dürfen am Ende aus dem Hintergrund nach vorne treten.

Vielleicht an paar Worte zur Bühne: Es gibt eine riesige LED-Wand von 1200m2  mit 9 Millionen LED-Lämpchen. Die Bühne hat die Ausmaße von 200m2. Ich muss zugeben, das hat visuell schon was! Irgendwie muss man ja von der schlechten Musik ablenken…

Next one – Ungarn: Da sagt noch einer dieses Programm sei nicht bildungsnah: Bis jetzt habe ich nicht gewusst, dass der Rubiks Würfel (das ist der offizielle Name dieses Zauberwürfels für den man wahnsinnig intelligent sein muss, oder es auf YouTube nachschaut – wie mein Bruder – damit man auf jeder Seite dieselben Farben hat) aus Ungarn kommt. Das war das Positive an diesem Beitrag. Nun zum Rest: Hilfe!!!! Boyband goes solo. Bitte gebt dem jungen Mann da auf der Bühne eine Hose, die ihm nicht um 5 Nummern zu klein (vor allem zu eng) ist! Bngoög<bvr<bgvkbgvkö.gv… Entschuldigung, aber ich bin gerade so fassungslos. Nun besteigen zwei Tänzer ein Klavier. Nicht, ihr macht es kaputt! Man kann sich nicht des Eindrucks erwehren, dass der Tanz vom Sänger mit der Weichteilhemmung ablenken soll. Funktioniert leider nur partiell… 

Und damit sind schon alle Teilnehmer durch. Gott sei Dank gibt es vor dem Telefonvoting noch einen Schnelldurchlauf aller Kandidaten, sodass ich noch einen Blick auf die werfen kann, die ich versäumt habe:
Startnummer 1 hat Armenien. Der Sänger interpretiert eine melodramatische Ballade und hat ein Outfit wie Loki aus Thor. Fans von Loki sollten sich nicht zu früh freuen, denn vom Aussehen her hat er nicht das Geringste mit Tom Hiddleston gemein.

Die Letten sind die Nächsten. Wie immer ein schräger Beitrag der kleinen Nation. Dieses Jahr ein kunterbunter Kelly-Family Verschnitt, die ein Lied über Kuchen singen. Backe, backe, …

Georgien: Typisches Song-Contest-Gejammer in Weiß und mit Tanz.

Schweden: Einer der Favoriten – Gejammer in Schwarz.

Island: Auch wie immer etwas anders. Heuer: Männer mit Bärten und bunten Anzügen.

Albanien: Und wieder Gejammer. Die Sängerin und jene aus den Niederlanden scheinen im selben Stoffgeschäft eingekauft zu haben.

Russland: Letztes Jahr Omas, heuer Zwillinge. Die Omas waren cooler!

Aserbaidschan: Hier gibt es Luftakrobatik, die von der Musik ablenken soll. Aber die Sängerin hat ein tolles Kleid.

Damit die Zuseher während der Telefonvotings nicht einschlafen, gibt es eine Tanzeinlage nach Andersens Hässlichem Entlein. Das ist toll gemacht und vor allem die Bühne und die LED-Lichter dürfen wieder zeigen was sie alles können.

Und dann: ZIB-Flash und Werbung. Auch nicht schlecht, kann ich meine abendliche Toilette erledigen und mich in meinen Pyjama schmeißen. 

Nun mit passendem Outfit warte ich „gespannt“ auf das Voting. Es folgt: ca 5 Minuten das Song-Contest Logo Join us. Man kommt sich ein bisschen so vor, als würde man das Testbild anstarren…
Endlich gibt es ein Ergebnis. Und weiter sind:

Montenegro – der 2m Mensch in seiner eigenen Welt
Armenien – Loki
Ukraine – Hamsterrad
Ungarn – Boyband Solo mit zu enger Hose
Aserbaidschan – Hoch in den Lüften
Schweden – blonde Frau, jammernd in schwarzem Kleid
Russland – Zwillingspower
San Marino – aller guten Dinge sind doch 3!
Island – die bunten Herren mit Bärten
Niederlande – auch „richtige“ Musik darf ins Finale

Und schon ist das Spektakel wieder vorbei. Aber keine Sorge, am 08.05.14 steigt das zweite Semi-Finale. Dort gibt es sicher wieder einige skurrile Beiträge… Bis dann!









Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen