Das neue Jahr ist schon ein paar Tage alt, und
das bedeutet: Wir haben alle unsere Neujahrversätze bereits vergessen. Gut,
dass ich nie welche hatte, sodass ich kein schlechtes Gewissen haben muss, dass
ich sie nicht einhalte.
Da mein Leben prinzipiell ohne Planung
verläuft, ergab sich kurzfristig die Gelegenheit ein paar Tage in London zu
verbringen. Alleine ist es aber nur halb so lustig, also habe ich mit durch den
Kopf gehen lassen, wer sich denn als Reisegefährte eignen würde. Nach langen
Überlegungen (ca. 30 Sekunden) und genialer Überredungskunst meinerseits („Hast
du Lust mit nach London zu fahren?“ – „Ja, sicher!“), war die Begleitung in
Form von Barbara Branson (Name von der nicht vorhandenen Redaktion geändert)
gesichert. Ohne Neujahrsvorsätze im Gepäck haben sich dann Mrs Branson und ich Anfang
Jänner für 4 Tage in die Hauptstadt des Regens aufgemacht.
Sowohl Barbara als auch ich waren schon in
London gewesen, weswegen wir uns einig waren, dass wir die typischen Touristen
Hotspots auslassen konnten, und Zeit hatten uns auf das wahre London zu
konzentrieren: Das London der Fernseh- und Serienfreaks. Bewaffnet mit einer
Karte aus einem Buch über Drehorte von Filmen in London und einigen selbst
recherchierten Unterlagen machten wir Londons Straßen unsicher. Um 4 Uhr morgens aufgestanden zu sein, tat
unserer Stimmung keinen Abbruch– zumindest so lange nicht, bis wir um 21 Uhr in
einen komatösen Schlaf verfielen.
Unser Trip wurde allerdings schon vor dem
Abflug fast vereitelt, und Schuld daran war ein bösartiger Stiefel! Genauer
gesagt MEIN bösartiger Stiefel. Als es bei mir bei der Sicherheitskontrolle piepste,
wurde ich von den Beamten in typisch wienerischer Freundlichkeit gebeten, mich
in ihre Obhut zu begeben: „Hände ausstrecken. Hinsetzen. Schuh ausziehen!“ Ein
„Bitte“ war nicht einmal zwischen den Zeilen zu erahnen. Nachdem mein böser
Stiefel dann eine Runde alleine durch das Röntgengerät gefahren war und sich
bestätigt hatte, dass sich keinerlei Inspector
Gadet – Utensilien darin befanden, stand der Abreise nichts mehr im Wege.
Unsere
Route am ersten Tag führte uns zuerst zum Krankenhaus St. Bartholomew‘s. Nein,
es ist uns Gott sei Dank nichts zugestoßen, aber dieses 1123 erbaute Gebäude
spielt in den Filmen Shakespeare in Love und
Four Weddings and a Funeral mit –
genauer gesagt die dazugehörige Kirche St.
Bartholomew‘s the Greater. Was ich sehr gemein finde, ist, dass die Kapelle
St. Bartholomew‘s the Lesser heißt. Die Kirche liegt übrigens an der Straße Little Britain.:-)
Aber das Krankenhaus spielt auch in der
Literatur eine wichtige Rolle. Dort beginnt 1887 in A Study in Scarlet die lebenslange Freundschaft von Sherlock Holmes
und Dr. John Watson. Da wir hier aber nicht auf hochkulturellen literarischen
Spuren, sondern prolatariatskulturellen Fernsehspuren wandelten, haben wir den
Ort wegen seiner Rolle in der Fernsehserie Sherlock
besucht. In der letzten Folge der zweiten Staffel stürzt sich unser soziopathischer
Consulting Detective nämlich dort vom Dach der Pathologie. Man glaubt es kaum,
aber wir waren nicht die einzigen, die den „Tatort“ besichtigten, denn auch
andere Fans fotografierten den Schriftzug, und die Stelle, von wo aus John
zusehen muss wie sein Freund in den (vermeintlichen) Tod springt.
Der "Tatort".
Besonders amüsant fand ich, dass die
schmutzigen Fensterscheiben von St. Barts
(wie es liebevoll genannt wird) übervoll mit Fanbotschaften waren. Von „I am Sherlocked“ über „I believe in Sherlock“ bis
„Please, don’t be dead!“ Auch die Telefonzelle am Gehsteig war
vor Fanangriffen nicht gefeit. Diese war übervoll mit Zitaten und
Liebesbekundungen.
Die Fanzelle... "Please DO jump out of a cake, Ben!" (Benedict Cumberbatch, der Darsteller der Sherlock Holmes)
Nachdem wir ein bisschen vor dem Regen flüchten
mussten, fanden wir an der U-Bahn Station einen winzigen Laden (und wenn ICH
winzig sage, dann soll das was heißen!) mit Cupcakes und Brownies, in den wir
eingefallen sind.
Den restlichen Tag haben wir mit meiner lieben
Freundin Megan verbracht, die so nett war, mit uns London zu Fuß zu erkunden
(und das, nachdem wir seit 4 Uhr morgens auf deinen Beinen waren!). Die Strecke
führte von der Liverpool Station über die Themse zum Haus von Bridget Jones (ja, wir standen am selben
Platz wie Colin Firth!), vorbei am National Theatre (eines der wohl hässlichsten
Gebäude in ganz London – dennoch würde ich gerne dort arbeiten), dem
Graffiti-Set von Sherlocks The Blind
Banker, über die Themse zurück ans
andere Ufer.
Als besonderes Highlight danach möchte ich hier
den Besuch bei Hamleys hervorheben.
Dies ist ein mehrstöckiges Spielzeuggeschäft, wie man es aus Filmen kennt.
Wieso will man in Städten in langweilige Kunstgallerien gehen, wenn man sich in
einem Spielzeuggeschäft vergnügen kann? Und dort bei Hamleys habe ich meine Berufung gefunden: Ich werde dort Verkäufer.
Wieso? Die Damen und Herren werden dafür bezahlt, dass sie mit Spielzeug
spielen – kein Scherz! Ihre Aufgabe ist es diverse Spielzeuge (von Helikopter
bis hin zu 3-farbigen Filzstiften) vorzuführen. Bei mir wäre dann wohl eher der
Fall, dass ich keines der Kinder mehr damit spielen lassen würde, weil ich selbst
so viel Spaß daran hätte. Und sozial wie ich bin, habe ich mir dort auch schon
einen neuen Freund gefunden (NEIN, er ist kein Ersatz für Ogopogo!):
Nach ca 7-stündigem Fußmarsch quer durch die
Stadt, haben wir uns dann doch auf den Weg zum Hotel gemacht, um unser Zimmer
zu beziehen. Uns erwartete ein kleines Doppelzimmer mit Badezimmer. Badezimmer
konnte man es eigentlich nicht nennen. Um Barbara zu zitieren: „eine Nasszelle“
traf es eher. Aber wieso sollten wir uns darüber beschweren, dass wir uns
gleichzeitig duschen, Zähne putzen und auf die Toilette gehen konnten? Ist doch
sehr praktisch gedacht… Aber beim Blick an die Wand über Barbaras Bett, wurde
das Zimmer in gleißend helles Licht getaucht und ein himmlisches „Aaaahhhh!“,
ertönte in unseren Ohren. Hatten wir uns beim Hinflug schon groß darüber
Gedanken gemacht, wie wir unsere englischen Freunde dazu bekommen könnten uns
am Sonntag von 20:30-22:00 Uhr einzuladen, um Sherlock zu schauen, war dieses Dilemma nun gelöst: Wir hatten
einen Fernseher mit BBC1!
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