Mittwoch, 29. August 2012

Vampire Diaries – Das Tagebuch der Elena G.




Ich liebe Vampire seit ich im zarten Alter von 12 Jahren das erste Mal Interview with the Vampire gesehen habe.  Genauso lange wie meine Affinität zu den Blutsaugern, reicht auch meine Eifersucht auf Kirsten Dunst zurück, die sich von Tom Cruise und Brad Pitt beißen hat lassen, stundenlang mit Orlando Bloom telefoniert hat, Alexander Skarsgård geheirate hat (spätestens in dem Moment, in dem sie die Hochzeitsnacht mit jemand anderen verbringt weiß man, dass sie verrückt sein muss!) und von Ryan Gosling ermordet worden ist – die Frau hat alles erreicht, was ich je wollte! Zusätzlich zu Interview with the Vampire habe ich Tanz der Vampire geliebt – vor allem das Musical. Später habe ich die Bücher von Anne Rice gelesen und ich traue mich zu behaupten, dass ich Interview with the Vampire selbst nach all den Jahren noch synchron mitsprechen kann. Und dann kam Twilight. Plötzlich wollten Tausende von Mädchen so sein wie Bella: selbstgerecht und dümmlich einem Typen auf Gedeih und Verderb bis(s) zur Selbstaufgabe hinterherlaufend. Vampire wurden domestiziert und ihnen die Zähne gezogen. In den L.A. begegneten mir in jedem Supermarkt lebensgroße Pappaufsteller von Edward und Jacob. Nun wollte ich mich unter keinen Umständen mehr als Anhänger der Kreaturen der Nacht outen, denn jeder hat mit Vampiren automatisch Twilight verbunden. True Blood hat meinen Glauben an den modernen Vampirmythos wieder einigermaßen hergestellt und mich zum bekennenden Truebie gemacht.
In all dem Hype versuchten unzählige Filme und Serien des Vampirgenres ein Stück vom Kuchen abzubekommen und überschwemmten den Markt. Wenn man einen Blick ins Fernsehprogramm wirft, sind Vampirserien heute beinahe genauso inflationär wie CSI- Ableger. Interessant ist, dass alle dadurch entstanden Vampirserien auf Büchern basieren: Moonlight, Blood Ties, True Blood und Vampire Diaries. Die ersten beiden konnten sich nicht lange am Markt behaupten. Ich würde gerne mehr zu Blood Ties zu sagen haben, aber durch die verwendeten Filter und das Aussehen der Darsteller wirkt die Serie auf mich immer ein bisschen wie ein Kabel 1 Soft Porno (nicht, dass ich jemals einen gesehen hätte…), sodass es mir unmöglich ist, mehr als eine Folge zu ertragen. Letztgenannte Serien hingegen erfreuen sich besonders in den USA unglaublicher Beliebtheit.

SIXX Austria hat vor ein paar Wochen damit begonnen Vampire Diaries von vorne auszustrahlen – immer 6 Folgen am Stück. Von Krankheit geschlagen und mit all meinen DVDs weit entfernt von mir im Zweitwohnsitz, habe ich es gewagt die Teenie-Vampir-Soap anzusehen, um mir eine fundierte Meinung zu bilden. Bevor ich beginne mich über die Serie auszulassen und den Hass vieler Menschen auf mich zu ziehen – Gott sei Dank ist das Ausmaß der Leute, die diesen Blog lesen überschaubar – sei gesagt: Die Serie hat eine der besten Taglines im aktuellen Free TV: Love Sucks. Wahrlich genial! Das war das Positive. Kommen wir nun zum Rest:  
Zwei Männer kämpfen um die Liebe einer Frau. Eine Frau zwischen zwei Männern. Unterschiedlicher könnten beide nicht sein, und doch haben sie eines gemeinsam: Die Liebe zur selben Frau. (Wow, ich sollte Kladdentexte für DVDs und Bücher schreiben) Das ist in kurz der Inhalt von Vampire Diaries. Im Prinzip also nicht viel anders als all die anderen Vampir-Geschichten, die momentan in allen Medien zu finden sind. Anscheinend ist es der Wunsch der Frauen von heute zwischen Good Guy und Bad Guy zu stehen – Hauptsache von allen angeschmachtet und gebissen zu werden. Der Good Guy (zumindest zu Beginn) ist der Vampir Stefan (Paul Wesley) und der Bad Guy sein Bruder Damon (Ian Somerhalder). Die Frau, welche die Qual der Wahl hat ist Elena Gilbert (Nina Dobrev). Mit Stefan kann sie über ihre Gefühle reden (langweilig) und mit Damon diese in die Tat umsetzen. Klar, dass der böse Junge mit der Zeit immer interessanter wird und in Wahrheit gar kein blutsaugender Soziopath, sondern lediglich ein bisschen Beziehungs-neurotisch ist.

Jedes Vampir-Universum hat seine eigenen Regeln: Bei Vampire Diaries sind sie zu Beginn wie folgt aufgestellt: Stefan und Damon (was bitte hat sich L.J. Smith – deren Bücher auch um einiges früher als Stephanie Meyers erschienen sind – nur dabei gedacht den „bösen“ Bruder Damon zu nennen?! Hätte sie sich gleich für Kain entscheiden können.) können mit Hilfe eines Ringes bei Tageslicht wandeln, es gibt Hexen und Werwölfe, Vampire können sich selbst heilen und Stefan macht die Cullum-Diät: nur von Tieren trinken. Wann werden Tierschützer endlich dagegen vorgehen?! Im Serienabspann habe ich nirgends: „No animals were harmed in the making of this series“ gelesen. Vampires go vegan!
Ich finde, ein interessanter Aspekt des Vampir Genres ist die Tatsache, dass Vampire durch ihre Aversion gegen Sonnenlicht in ihren Aktionen zeitlich eingeschränkt sind. Dies verleiht der Nacht etwas Besonderes: Menschen können nur in der Dunkelheit von Vampiren angegriffen oder gerettet werden. Vampire 24 Stunden in den Gärten der Vorstadt wandeln zu lassen, nimmt Spannung. Genauso wie durch das Trinken von nicht menschlichem Blut viel der Erotik des Vampir-Seins verlorengeht. Nicht umsonst gibt es unzählige Artikel, die den Vampirbiss mit dem Coitus gleichsetzen. Wenn man den Gedankengang so fortsetzt, würde das bedeuten, wenn Stefan von Tieren trinkt, dann… womit wir wieder bei der Frage wären wer die armen Tiere beschützt? Man sollte Freud wahrlich nicht auf allen Gebieten anwenden.

Was klingt wie Dawson’s Creek mit Vampire ist Dawson’s Creek mit Vampiren. Die Figuren sollen 17 Jahre alt sein (ja ich weiß, dass die Untoten wesentlich älter sind…), sehen aus wie Mitte 20 und reden wie Ende 40. In ihren reifen Gesprächen sprechen sie über ihre Gefühle und die Unmöglichkeiten einer Beziehung. Das Highlight bilden für mich dabei die Voice Overs der Tagebucheinträge von Elena am Ende der ersten Episoden. In pseudo-philosophischer Form verarbeitet sie darin ihren Werther‘schen Weltschmerz: von himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. Sie sollte mal über eine Dosis Prozac nachdenken.

Auch wenn Elena schön und Damon schön böse ist, so ist mir diese Serie zu sehr mit Teenager-Liebesdingen beschäftigt, als mit der Natur der Vampire. Die Serie hat für meinen Geschmack zu wenig Blutvergießen. Wer aber auf Vamp-Soaps für Zwischendurch steht, ist hier genau an der richtigen Adresse.

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