Montag, 22. Dezember 2014

Warten auf Hamlet


“At present the Barbican’s allocation of tickets for Hamlet is sold out.”

Das eigentliche Wesen des Ehrgeizes ist nur der Schatten eines Traumes. Und dieser Traum ward im August des Jahres 2014 Karten für die Produktion von Hamlet in London im Barbican Theatre unter der Regie von Lyndsey Turner im Jahre 2015 zu erstehen. Scheint dies dem gemeinen Volke keine außergewöhnliche Aufgabe zu sein, so mag doch der einzelne Verrückte schon erahnen welch‘ Herausforderung sich hinter diesem Unterfangen verbirgt. War dies doch die am schnellsten ausverkaufte Produktion in den Annalen des West Ends. „Wie kommt’s?“, fragt sich nun das gemeine Volk. Ihr werdet nimmer seinesgleichen sehn, denn Benedict Cumberbatch schlüpft in das Gewande des dänischen Prinzen, um die Ehre seines Vaters zu retten. In seiner Sünden Maienblüte und dem Höhepunkt seiner Karriere tritt der Sherlock Darsteller auf die Bretter, die die Welt bedeuten, bevor er sich bei den Golden Globes (11.01.2015) dem Kampf der englischen Genies stellt: Hawking vs Turning (doch seid gewahrt, denn eine tragische Mär, dessen Schauplatz der Zweite Weltkrieg ist, verzückt allgemein den strengsten Lord Chamberlain). Doch nicht nur schlaue Leute vermag der Gaukler darzustellen, „auch dumm kann er spielen“ verkündete jüngst meine Kollegin entzückt, nach Betrachtung von August: Osage County. Nur mit dem Gesang reicht es zum Barden nicht…


Es gibt mehr Dinge im Himmel und auf Erden, als Eure Schulweisheit sich träumt. So sind die Anhänger des Gauklers zu einem großen Teil Fräuleins, die sich Cumberbitch, Cumberbabe, Cumbercookies, Cumvercollective, Cumberbunnies, Benaddicts, Cumberbro oder andere ausgefallene Namen geben. Ist dies schon Tollheit, hat es doch Methode und ich beneide diesen Gaukler nicht um seine Heerscharen an Anhängern, die nicht davor zurückschrecken in Lichtspielhäusern in der Stadt mit Namen Wien mit der Kopfbedeckung, welche man gemeinhin als Deerstalker bezeichnet, zu sitzen umso ihre Zugehörigkeit zur Schar zu demonstrieren. Im Schwachen wirkt die Einbildung am stärksten. Dieser Fanatismus will ausgenutzt werden, und somit haben S.S. und meine Wenigkeit die Idee ersonnen, daraus Profit zu schlagen. Da sich im nächsten Jahre Scharen von Campierenden um das Barbican tummeln werden, könnte man den Wartenden Heißgetränke in Bechern reichen, welche das Antlitz des Angebeteten tragen. Und weh mir! Wie groß war doch der Schock unter der weiblichen Anhängerschar, als folgendes verkündet wurde: „son of Wanda and Timothy Cumberbatch of London“ hat sich verlobt. So brich mein Herz, denn Schweigen muss der Mund.  

 In der Kürze ist des Witzes Seele, nicht doch im Namen des Gauklers. Daher sei er von nun an nur BC genannt. (Bei den Namen der Altvorderen sei solche Namenswahl jedoch verziehn, denn: Timothy und Wanda – da leitet einem die Assoziation doch zu einem Werke mit Namen Ein Fisch namens Wanda hin. Man fragt sich, in welchem Alter dieser kleine Junge wohl war, als er seinen Taufnamen auf Papier niederschreiben konnte? Und wie möchten so viele Buchstaben auf einer Anstecknadel Platz finden?  Da meines erhabenen Vaters Namensgedächtnis von kurzer Dauer ist, pflegt er BC nur „den Typ von Sherlock“ zu nennen.) Doch nicht nur die Verfasserin dieser Zeilen befindet den Namen von BC als wunderlich. So auch eine Maid mit Namen Caitlin Moran, welche folgenden Ausspruch tat: „The first actor in history to play Sherlock Holmes who has a name more ridiculous than Sherlock Holmes.” Bekannt ist BC nicht nur für seine Darstellung als Meister der Detektei, sondern auch für seine verzückende Stimme. „A voice like a jaguar hiding in a cello.“ Doch scheint dieser Vergleich der Schreiberin nicht ganz stimmig. Würde sich dies pelzige Raubtier nicht gequält anhören im Angesicht seines Gefängnisses? Da amüsiert sie doch die Bezeichnung seiner Stimme mit „Audio Porn“ doch mehr. Doch lasst uns nicht bei solch Trivialitäten verweilen, sondern zu der eigentlichen Erzählung fortschreiten.

Dein Ohr leihe jedem, wenigen deine Stimme! Weswegen nur ein paar Auserwählte in den Genuss des Jaguars im Cello im Dörfchen kommen können. Wahr ist’s, ist schade, und schade, dass es wahr ist. Kaum Chancen zu den Auserwählten zu gehören rechneten ich und meine tapferen Gefährten mir aus, als ich am 01.08. in diesem Jahre einen Blick in den Online Verkauf tat, der an diesem Tag nur privilegierten Mitgliedern des Theater-Hauses zustand. 2463 war die unglückliche Zahl, welche ich in der Warteschleife war. Nur eine Nummer unter Tausenden. Nur reden will ich Dolch, keine brauchen, doch wenn dem so sein sollte, würde ich dennoch Gebrauch von ihm machen müssen, um am 04.08. (wenn auch das Volk sich um Karten bemühen konnte) zu den Auserwählten gehören wollte. Dennoch: Wahrhaft groß sein, heißt, nicht ohne großen Gegenstand sich regen. Und wenn auch nicht in der Vertikale groß, so wollte ich doch nicht kampflos aufgeben.  

An jenem Tag, dem 04. August des Jahres 2014 sollte sich mein und das Schicksal meiner Gefährten entscheiden. Um Punkt 10:00 Uhr (Zeitrechnung der Hauptstadt von Großbritannien) hieß es bereit sein ist alles. Mit einem kurzen Klick auf die virtuelle Seite wurden wir in eine Online-Warteschleife verbannt. Dieses Mal war meine Nummer 1465. Was wir ersinnen, ist des Zufalls Spiel. Dies Spiel würde sich lange Zeit hinziehen. Die Zeit ist aus den Fugen in der Warteschleife. Und bietet Möglichkeit sich mit den Terms and Conditions und FAQ dieser besonderen Produktion auseinander zu setzen. Hier ein kleiner Auszug aus den Schriften:

Ticket purchases will be limited to a maximum of six per person across all performances.

The name of the lead booker will be printed on each ticket and photo ID of the lead booker will be required to gain admission.

Bookers are required to keep with them at all times their ID and credit/debit card used to make the booking as these may be required for re-entry or requested at any point by our front of house teams.  

Phone lines will be extremely busy so you may need to wait some time in order to be transferred to the next available advisor. (Die Verfasserin griff auch zum Telefon, doch ward die Leitung jedes Mal gekappt.)

Sat 17 Oct 1.30pm, Audio-described performance with touch tour at 12.15pm (Touch Tour??!!! Darf meine Hand es da wagen zärtlich die des Gauklers zu berühren?)

Das unentdeckte Land, von des Bezirk kein Wanderer wiederkehrt ist die Online-Warteschleife, denn nur schleppend rückten die Figuren vor. So allerlei Gedanken schwirrten in der Wartezeit in meinem Kopfe umher. So fragte ich mich, wieso die Figur der wandernden Person, welche das Fortschreiten darstellen sollte, männlich war, wenn doch die Mehrheit der Kämpfer um ein Ticket weiblich war.

Es ist etwas faul im Staate Dänemark, denn auch nach 2 Stunden wanderte das Männchen noch immer auf den steilen Pfaden zum Ticket-Erwerb. Verzweiflung machte sich unter den Gefährten breit. Besonders als eine der Gefährten gestand, sie sei Nummer 6210. Während kostbare Sekunden verronnen, regte sich in uns der Unmut. Zu lange dauerte es nun schon, und zu viel Zeit war auf das Denken verschwendet, welches Zweifel in uns schürte und unsere Hoffnung schwinden ließ. Denn an sich ist nichts weder gut noch böse; das Denken macht es erst dazu. Beinahe unerträglich ward die Ungeduld, doch plötzlich bewegte sich die Figur auf ihrem Balken weit nach vorn und die Nummer, welche uns nun zugewiesen war, ward nur mehr zweistellig. Der Hoffnung Saat keimte in uns auf. Und tatsächlich: Nach der Minuten wenige, eröffnete sich uns ein neues Fenster, hinter dem sich virtuelles Neuland verbarg. Mit klopfendem Herzen ward ein Sonnabend im Oktober 2015 ausgewählt. Beinahe schmerzhaft langsam rieselte der Sand in der Sanduhr, bis wir erfahren sollten, ob auch wir unter den Auserwählte sein würden. Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage. Oh wie verzückt war ich doch, als schlussendlich die Worte „Your order has been confirmed“ vor meinen Augen tanzen. Danach: zwei Anrufe mit zitternden Fingern an meine Gefährten, welche mich mit ihren Ausrufen der Freude beglückten.  

Welch großes Glück uns zu Teil wurde, Karten erhalten zu haben, wurde uns ein paar Tage später bewusst, als Kameraden uns von ihren Abenteuern in den Unbekannten der Warteschleife als Nummer 30 248 berichteten. Oder auch jene Kameradin, die mit dem eigenen Leib versuchte im Barbican Karten zu erhalten. Mit den Worten: „Ausverkauft auf Grund unerwarteten Andrangs“ musste sie unverrichteter Dinge von Dannen ziehen. Doch scheint mir diese Aussage recht lächerlich. Wie konnte dieser Andrang unerwartet sein?

„Wie lange hat unsere Reise in der Warteschleife nun gedauert?“, werden manche sich fragen. Nun, die Mühen nahmen 3 Stunden unsrer Zeit in Anspruch. Nimm Rat von allen, aber spare dein Urteil. Denn im Vergleich zum Pöbel, welcher am Sonntagabend, wenn die Uhr 21 geschlagen hat, in einer Schlage auf der Mariahilferstraße steht, um Köstlichkeiten namens Donuts bei Dunkin Donuts zu kaufen, sind die Strapazen der Verfasserin – mit Verlaub – noch als bei Sinnen zu bezeichnen.  

Und nun? Wahrhaft lange ist es noch, bis zum Oktober nächsten Jahres, doch wir wissen zwar, was wir sind, aber nicht, was wir werden können. Die Verfasserin wusste nicht, wie lebensfroh sie die Aussicht auf einen Ausflug in die Hauptstadt Großbritanniens machen würde. Die Vorfreude darauf wird sie im kommenden Jahr aufrecht erhalten. Darum seid euch gewahr: Nennt mich was für ein Instrument ihr wollte, ihr könnt mich zwar verstimmen, aber nicht auf mir spielen.

Und bis dahin? Als Vorbereitung stattet sie der Burg im Jänner einen Besuch ab, um Hamlet in 6 Stunden zu genießen. (Jener besorgte Mann am Ticketschalter fragte sie beim Kauf der Karten, die Stirne runzelnd: „Sie wissen wie lange es dauert?!“) Danach kann man BC dabei beobachten wie er seiner Vorliebe frönt, Rollen anzunehmen, welche den Namen Khan beinhalten (Khan – Star Trek, Shere Khan – The Jungle Book), ihn in der Shakespeare Serie Hollow Crowns bewundern (Anhängerscharen von Tom Hiddleston gebt Acht – dies könnte auch euch gefallen) oder den Vorschlag der Verfasserin für einen besonderen Kalender 2016 unterstützen: SherlockBelstaff unbuttoned.
Die Verfasserin wird in den nächsten 300 Tagen darüber erheitert sein, dass sie eine der Auserwählten ist, und ein Lächeln wird immerzu über ihre Lippen huschen, wenn ihre Kameradin sie mit den Worten „Hello happy Hamlet ticket holder“ anspricht. Der Rest ist Schweigen.






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