Im Zuge von Gesprächen über die Themenfindung für
den diesjährigen Advent-Blog, haben ein paar Leute einen Beitrag zu BBCs Sherlock Staffel 3 vorgeschlagen. Da ich
mich der Diskussion darüber, ob Sherlock betrunken lustig, genial oder out of
character war nicht anschließen will (geschweige denn, dass alle U-Bahn Linien
in The empty Hearse durcheinander
sind, und ob Moriarty noch lebt – zumindest im nächsten James Bond schon, denn dort wird Andrew Scott mitspielen), werde
ich dem Wunsch einiger nicht nachkommen. Tut mir leid. Nach reiflicher
Überlegung bin ich allerdings zu dem Schluss gekommen, dass ich den englischen
Detektiv nicht ganz ausblenden kann. Schließlich haben Mr Holmes und sein
treuer Begleiter Dr Watson einen Großteil meiner freien Zeit 2014 in Anspruch
genommen. Und weil es mehr skurrile und interessanten Fakten über the world’s
only consulting detective gibt als man vermuten mag, dachte ich mir, ein Sherlock Holmes Trivia wäre eine gute
Idee. Ich hoffe, euch damit Wissen zu vermitteln, mit dem ihr in English Literature 302 (liebe Grüße an
Prof. Mengel) oder beim
Weihnachtsessen brillieren könnt. Also bereitet euren Schuss Kokain vor, stopfe
die Pfeife, klebt die Nikotinpflaster auf und los geht’s:
Beginnen wir mit einer Tatsache, die den meisten
vermutlich bekannt ist: Sherlock Holmes sei die meist verfilmte fiktive menschliche
Figur der Welt – 226 Filme gibt es. Ich schreibe daher „menschlich“, denn zählt
man Vampire hinzu geht der Preis der meistverfilmten fiktiven Figur an Dracula
– mit 239. Das muss man den Engländern lassen, darauf können sie sich was
einbilden. Wir haben… Soko Kitzbühle…
ok, vielleicht ist der Brenner ein
besserer Vergleich… Ich würde ja gerne die Version Sherlock Homie sehen, von der ein Plakat bei 30 Rock in Tracys Garderobe hängt.
Die Drehbuchschreiber von Sherlock erzählten mal, dass ihr Ziel als Jugendliche gewesen ist,
alle Sherlock Holmes Geschichten zu lesen und sie sich gewundert haben, wieso
die Mädels daraufhin nicht Schlange gestanden sind. Ich kann nur bestätigen,
dass es umgekehrt auch nicht funktioniert. Ich habe alle 56 Kurzgeschichten und
4 Bücher gelesen und bin nach wie vor Single. Komisch… ;-)
Ironie über Ironie: Der Mann, der den berühmten
Schnüffler erfunden hat und der das Bild des viktorianischen Londons wie kaum
ein anderer geprägt hat, war Schotte und hatte London kaum besucht als er mit
den Geschichten des Detektivs begann.
Sir Arthur Conan Doyle ist eigentlich ein
Künstlername. Sein richtiger Name war Arthur Ignatius Conan Doyle. Er selbst
hat aber damit begonnen seinen Mittelnamen (der eigentlich ein Vorname ist) als
Nachname zu verwenden und damit seine Biographen dazu gebracht es ihm gleich zu
tun.
Wer könnte das glauben? Das kleine, verschlafene
Örtchen Feldkirch in Vorarlberg spielte in Sir Arthurs Leben eine wichtige
Rolle. Er ging u.a. dort zur Schule, schrieb für die Schülerzeitung und
entdeckte dort die Werke von Edgar Allan Poe, dessen Detektiv C. Auguste Dupin
mit seinen Methoden ein Vorbild für Sherlock Holmes werden sollte.
Wer sich (wie ich) schon immer gedacht hat, dass
Sherlock ein komischer Name ist, der sollte froh sein, dass Sir Arthur nicht
seinem ersten Einfall nachgegeben hat. Ursprünglich sollte der Detektiv nämlich
Sherrinford heißen. In Sherlock Holmes:
Die Biografie des großen Detektivs aus der Baker Street ist Sherrinford der
älteste Bruder der Holmes (darauf könnte es auch in der Serie Sherlock hinauslaufen, in der ein
„anderer“ Bruder erwähnt wird). Im Kanon hat Sherlock einen 7 Jahr älteren
Bruder, der einen nicht weniger bizarren Namen trägt: Mycroft. Obwohl Mycroft
eine der bekanntesten Figuren ist und von zahlreichen berühmten Schauspielern
dargestellt wurde (u.a. Stephen Fry und Christopher Lee), so taucht er nur in 2
Sherlock Holmes Geschichten auf und wird in nur 2 anderen erwähnt.
Es gab nie eine Hausnummer 221 Baker Street in den
Zeiten von Holmes. Angeblich ist die berühmteste Adresse Londons 221B Baker Street
(Meiner Meinung nach ist es Downing Street 10, aber bitte…). Leser der Sherlock
Holmes Geschichten schickten tatsächlich Briefe an diese Andresse, um den
Detektiv um Hilfe zu bitten. Dumm nur, dass die Postboten nicht wussten wohin
damit, denn zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Baker Street gerade mal so
lange, dass die Hausnummern nur bis 85 gingen. Der Buchstabe B ergibt sich
daraus, dass sich die Wohnung im ersten Stock befindet. Die Wohnung im
Erdgeschoß wäre 221A und jene im ersten Stock eben 221B. Heute hat das Sherlock
Holmes Museum die Adresse 221B, obwohl die eigentliche Adresse Baker Street 239
ist. Verwirrt? Der arme Pizzabote sicher auch…
Die Sache mit dem berühmten Deerstalker Hut… Der
eigenartige Hut (lasst uns ehrlich sein: NIEMAND schaut mit dem Ding gut aus) hat
sich durch die Illustrationen von Sidney Paget im Strand Magazine, in dem die Kurzgeschichten erschienen,
eingebrannt. In den Geschichten selbst trägt Sherlock Holms zwar einen Hut,
wenn er einen Fall außerhalb von London löst, aber dass es sich dabei um einen
Deerstalker handelt wird nie explizit erwähnt.
Sir Arthur und die Namen… ACD hatte nicht nur eine
Vorliebe für eigenartige Vornamen, sondern auch eine Tendenz diese zu
vergessen. So wird John Watson in The man
with the twisted lip von seiner Frau immerzu “James” genannt. Auch die
Haushälterin Mrs Hudson (deren Vorname wir im Kanon nie erfahren) heißt
zwischendurch mal Mrs Turner. John Watsons Mittelname beginnt mit H. Wir
erfahren aber nie wie er lautet.
Generell hatte es ACD nicht so mit Kontinuität. Im
ersten Buch – welches übrigens zu Beginn ein Flop war und von den meisten
Verlagen abgelehnt wurde – leidet Dr Watson an einer Kriegsverletzung am Bein,
danach plötzlich am Arm und in späteren Büchern generell nur mehr „an einer der
Gliedmaßen.“ Auch Dr Watsons Frau Mary Morstan taucht auf, wird geheiratet und
verstirbt irgendwie dazwischen spurlos. Der Leser erfährt es aus einem
Nebensatz. Einen allzu großen Vorwurf kann man ACD aber auch nicht machen,
schließlich hat er das erste Buch mit 27 und das letzte mit über 70
geschrieben. In diesem Zeitraum würde ich auch einiges vergessen.
Sherlock und
die Drogen: Ja, Sherlock Holmes hat nicht nur Pfeife geraucht, er hat sich auch
dem Kokain hingegeben. Man muss allerdings sagen, dass dies zu damaligen Zeiten
üblich und Mode war. Einer der dutzenden Darsteller, die Sherlock Holmes im
Laufe der Zeit zum Leben erweckt haben, war William Gillette („Für das Beste im
Mann“), der das mit dem Method-Acting ein wenig zu ernst nahm, als er sich 1900
live auf der Bühne Kokain injizierte. Das war eben noch wahre Hingabe!
Wo wir schon beim Herrn Rasierer Gillette sind:
Dieser verwendete im Bühnenstück Sherlock
Holmes: A drama in four acts das erste Mal die Phrase „Oh this is elementary,
my dear fellow“, welche später im ersten Sherlock Holmes-Tonfilm 1929 in „Oh,
this is elementary, my dear Watson“ umgewandelt wurde und seither als der
berühmteste Ausspruch des Detektivs gilt (die Serie Elementary ist danach benannt). In den Büchern verwendet Sherlock
Holmes diese Phrase nie. Am nächsten kommt der Dialog in The crooked man:
Watson: „Excellent!“
Sherlock (trocken): „Elementary.“
Watson: „Excellent!“
Sherlock (trocken): „Elementary.“
Die einzige Frau im Kanon, für die sich Sherlock
Holmes irgendwie interessiert, ist Irene Adler. Daher kommt sie in den meisten
Verfilmungen (z.B. Sherlock Holmes mit
Robert Downey Jr) immer als dessen Love Interest daher. Im Kanon ist Ms Adler
allerdings überhaupt nicht an Holmes interessiert, denn ihre kriminellen
Machenschaften dienen einzig dem Zweck den Mann, den sie liebt, heiraten zu
können. Jene Verfilmung von A scandal in
Bohemia mit Jeremy Brett in der Hauptrolle ist die einzige, die sich in
dieser Hinsicht an die Buchvorlage hält.
Sherlock Holmes macht eigentlich keine Deduktionen,
sondern Abduktionen. Der Unterschied ist, dass bei Letzterem die
Schlussfolgerung, zu welcher man durch Beobachtung kommt, nicht zwingend immer richtig
sein muss. Wohingegen bei der Deduktion die Rückschlüsse basierend auf den
erhaltenen Daten (meist durch logische Ableitung von Aussagen) immer korrekt
sein müssen. Aber da Sherlock Holmes prinzipiell immer recht hat, handelt es
sich vielleicht doch um Deduktion. Und seinem Ego entspricht es auch dies so zu
bezeichnen.
Sir Arthurs Verdienste gehen aber weiter als die
Erfindung des berühmten Detektives (den er zwischendurch tötete und
wiederauferstehen ließ – der Vorläufer der Duschszene von Dallas sozusagen), denn er hat das englische Wort „grimpen“
erfunden ( „Moor“ aus The hound of the
Baskervilles) und schrieb den Science Fiction Roman The lost world, welcher Michael Crichtons Jurrasic Park inspirierte.
Wer Zeit, Geld und Lust auf mehr Fakten rund um den
Detektiv aus der Baker Street hat, der kann dessen Heimatstadt einen Besuch
abstatten, denn im Museum of London gibt
es zur Zeit die bisher größte Sherlock Holmes-Ausstellung.
Quellen: Das, was von monatelanger Recherche
hängen geblieben ist.
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