Dienstag, 23. Dezember 2014

Tatsächlich... Weihnachten


Was ich an Weihnachten besonders mag (abgesehen von meiner Weihnachts-Ohrringsammlung) ist, dass man schon beinahe dazu verpflichtet ist, Traditionen aufrecht zu erhalten. Und eine dieser Traditionen ist bei mir Geschenke einpacken und Love Actually (Tatsächlich… Liebe) zu schauen. So sitze ich in Mitten von Weihnachtspapier, die dritte Kerze brennt am Adventkranz und neben mir steht eine Tasse Tee mit Milch (immerhin bin ich ja dabei mir einen britischen Film anzusehen).

Wie viele von euch sicher wissen, handelt es sich bei Love Actually um einen Episoden – oder Ensemblefilm (welchen Terminus man auch immer bevorzugt), bei dem es mehrere Handlungsstränge gibt, die mehr oder weniger lose miteinander verwebt sind. Um die Sache daher für alle Lesenden (auch für jene, die den Film noch nicht gesehen haben – solche soll es geben) leichter zu machen, versuche ich deswegen meine Gedanken nach Handlungssträngen bzw. handelnden Figuren zu ordnen.

Der Lieblingsschwiegersohn vieler Mütter (obwohl ich das nach all den Eskapaden mit Prostituierten usw. nicht wirklich nachvollziehen kann, aber vermutlich liegt es daran, dass er einfach so unschuldig drein schaut) Hugh Grant macht den Anfang mit einem Voice-over, dass „love is actually all around“ ist. Und nach mehrmaligem Sehen, finde ich man sollte das streichen – zu pathetisch, aber es ist nun mal eine weihnachtliche RomCom, also muss ich es wohl oder übel in Kauf nehmen. Eines kann ich mit Sicherheit sagen, die Downing Street Nr 10 ist die glänzendste Haustür in ganz London in dem Film. Und wie ist die Darstellerin der Sekretärin damit klargekommen, dass man dauernd über sie sagt, sie hätte Oberschenkel wie ein Elefant?

Ich finde, man sollte sich den Film alleine schon wegen der Outfits von Bill Nighy anschauen – oder jenen seiner leicht bekleideten Backgroundtänzerinnen – im Abspann als „Billy’s Video Vixen“ gelistet (irgendwann kaufe ich mir auch so ein Santa-Baby-Outfit). Die sind so grauenhaft, dass sie schon wieder genial sind. Generell ist er in der Rolle des abgehalfterten Rockers sehr lustig, denn meiner Meinung nach, transportiert er die richtige Aussage des Filmes: „Don’t buy drugs. Become a pop star and they’ll give you them for free.“

Wunsch-Schwiegersohn Nummer zwei kann ich schon eher nachvollziehen: Colin Firth. Zu Beginn des Filmes fragen sich Millionen Frauen: „Wie kann man Mr Darcy betrügen?“ Sind wir froh, dass seine Freundin das tut, denn sonst würde er nicht seine hübsche portugiesische Haushälterin kennenlernen, für die er sogar in einen kalten Teich voller Aale springt. Männer, das ist wahr Hingabe! Merchandising-technisch hätte ich es toll gefunden, wenn es das Buch, das seine Figur schreibt, zu kaufen gäbe. Ich mag Colins Handlungsstrang vor allem deswegen so gerne, weil er so wunderbar vor Augen führt, dass Antoine de Saint-Exupéry recht hatte, als er schrieb: „Sprache ist die Quelle aller Missverständnisse.“

Es gibt einen einzigen Handlungsstrang im Film, mit dem ich mich bis heute nicht anfreunden kann: Jener des Typens, der meint er müsse nach Amerika gehen, weil er dort mit seinem „cute British accent“ Mädeln aufreißen könnte. Und dann funktioniert es tatsächlich! Sollte mich aber eigentlich nicht verwundern, denn schließlich hat mir ein Engländer heuer in Kanada erklärt, dass er es dort lieben würde, weil er mit seinem Oxford-Englisch immer alles bekommen würde. Es hat vielleicht auch ein bisschen mitgespielt, dass er aussieht wie Wentworth Miller… Habe ich ihm nicht gesagt. Wollte sein Ego nicht noch zusätzlich pushen.

Mein Lieblingspaar sind die Porno-Stand-Ins namens John und Just Judy ;-) Egal wie oft ich noch The Hobbit oder Sherlock sehen werde, Martin Freeman wird für mich immer der schüchterne Nackte aus Love Actually sein, der immerzu klingt als wäre er verschnupft.  

Natürlich darf in einem englischen Film Keira Knightley nicht fehlen. Sie heiratet Chiwetel Eji… den Typ von 12 Years a Slave halt. Mein zukünftiger Mann aufgepasst: Solltest du auch in der Kirche in pinkem Hemd und Krawatte auf mich warten, habe ich keine Skrupel dich vor dem Altar stehen zu lassen. Generell fragt man sich bei Keira immer: „Wieso heiratet sie den Typen, wenn der beste Freund ihres Mannes nicht nur besser aussieht, sondern auch noch die süßesten Schilder von ganz London schreibt?“ (So lange, bis er bei The Walking Dead mitgespielt hat.) In der Szene, in der sie herausfindet, dass er in sie verliebt ist leide ich jedes Mal körperliche Schmerzen. Der Arme!

Liam Neeson hat in dem Film mit seinem 11-jährigen Stiefsohn zu kämpfen, der sich in ein Mädchen verliebt, das genau so heißt wie seine verstorbene Mutter. Finde ich auch… a bissi komisch. Der kleine Junge wäre für mich ja Typecasting für einen Weihnachtself. Ins Fantasy-Genre hat er es schon geschafft: Er spielt bei A Game of Thrones mit. Leider nicht als Elf…

Dass Laura Linneys Figur ihren Bruder dem (beinahe schon nackten) Rodrigo Santoro vorzieht kann ich noch immer nicht glauben. Auch wenn ich beschämt zugeben muss, dass ich durchaus Parallelen in unseren Charakterzügen sehe. Ich bin 2014 auch einmal kurz um die Ecke gebogen und habe einen Freudentanz aufgeführt, ehe ich ganz cool und gelassen wieder zurückgekommen bin.

Alan „the voice“ Rickman muss man normalerweise lieben – aber in dem Film möchte ich ihm eine rein hauen. Wieso will man Emma Thompson gegen Heike Makatsch tauschen? Außerdem bringt mich Emma Thompsons Szene noch immer jedes Mal beinahe zum Weinen, wenn sie in ihrem Schlafzimmer Joni Mitchell hört.  

Wahllose Gedanken zum Schluss:

Pinke Krawatten scheinen dem Kostümdesigner zu gefallen, denn auch der US-Präsident (Billy Bob Thornton) trägt so eine.

Auffallend viele Frauen tragen Röcke.

Wieso hat Colin Firth ein halbes Dutzend Knoblauchkränze in seinem Kofferraum als Weihnachtsgeschenke? Bereitet sich seine Familie auf einen Überfall von Vampiren zu Neujahr vor?

Offenkundig sind alle Menschen in dem Film reich, denn ihre Wohnungen sind (für London-Verhältnisse) gigantisch.

Wieso lässt Colin Firth seine Haushälterin einfach am Straßenrand aussteigen? Das würde Mr Darcy nicht tun!

Da die pinken Krawatten so teuer waren, konnte man sich keine ganzen Oberteile mehr für Keira leisten. Die rennt nämlich meistens bauchfrei herum. Aber in London ist es nicht kalt im Dezember…

Denkt irgendwer daran, dass der arme Chauffeur am Weihnachtsabend sicher besseres zu tun hätte, als Hugh Grant herumzukutschieren?

Der Film hat das beste Krippenspiel aller Zeiten: Ich liebe die Kostüme der Hummer, Pinguine und vor allem des Wals an der Krippe.

Am Ende solcher Filme laufen immer alle irgendwem irgendwohin nach.

Es scheint niemanden zu stören, dass das Mädchen den ganzen Weg vom Gate zum kleine Elfen zurückrennt. „You are delaying the flight!“

Ist euch schon einmal aufgefallen, dass man beim Blick von der Southbank immer das halbfertige Gherkin sieht?

Wer Zeit und Muße hat – es zahlt sich aus die Deleted Scenes auf der DVD anzuschauen. Es gibt viele davon, aber viele lustige!

Wenn man so näher darüber nachdenkt, ist der Film gar nicht so aufbauend… Vielleicht ist die Aussage des Films doch:
„I thought it’d be something worse.“
„Worse than the total agony of being in love?“
„Err… No, you’re right. Total agony.“

Aber ich möchte niemandem am 24. mit meinem Zynismus Weihnachten verderben. Daher empfehle ich folgende Düfte von Demeter’s Fragrance Libary im Raum zu versprühen: Christmas Bouquet, Christmas in NY oder Christmas Tree, Mistletoe, Gingerbread, Egg Nog und Ultimate Chirstmas Stocking Suffer Memories, etwas Hübsches anzuziehen, ein beschwingtes Weihnachtslied aufzulegen und wie Prime Minister Hugh Grant durch das Haus zu tanzen.

Fröhliche Weihnachten!   

„Let me say […] because it’s Christmas (and at Christmas you tell the truth):“ Danke für euer Lob, euren Zuspruch, eure Kritik und Vorschläge zum Adventkalender 2014. Ganz besonderen Dank an Tom Poe, der mich mit seinen bildlichen Kommentaren jeden Tag zum Lachen gebracht hat und AM, die mein geheimer Beta war. „I was in some ways very close to being moved by.“

Montag, 22. Dezember 2014

Warten auf Hamlet


“At present the Barbican’s allocation of tickets for Hamlet is sold out.”

Das eigentliche Wesen des Ehrgeizes ist nur der Schatten eines Traumes. Und dieser Traum ward im August des Jahres 2014 Karten für die Produktion von Hamlet in London im Barbican Theatre unter der Regie von Lyndsey Turner im Jahre 2015 zu erstehen. Scheint dies dem gemeinen Volke keine außergewöhnliche Aufgabe zu sein, so mag doch der einzelne Verrückte schon erahnen welch‘ Herausforderung sich hinter diesem Unterfangen verbirgt. War dies doch die am schnellsten ausverkaufte Produktion in den Annalen des West Ends. „Wie kommt’s?“, fragt sich nun das gemeine Volk. Ihr werdet nimmer seinesgleichen sehn, denn Benedict Cumberbatch schlüpft in das Gewande des dänischen Prinzen, um die Ehre seines Vaters zu retten. In seiner Sünden Maienblüte und dem Höhepunkt seiner Karriere tritt der Sherlock Darsteller auf die Bretter, die die Welt bedeuten, bevor er sich bei den Golden Globes (11.01.2015) dem Kampf der englischen Genies stellt: Hawking vs Turning (doch seid gewahrt, denn eine tragische Mär, dessen Schauplatz der Zweite Weltkrieg ist, verzückt allgemein den strengsten Lord Chamberlain). Doch nicht nur schlaue Leute vermag der Gaukler darzustellen, „auch dumm kann er spielen“ verkündete jüngst meine Kollegin entzückt, nach Betrachtung von August: Osage County. Nur mit dem Gesang reicht es zum Barden nicht…


Es gibt mehr Dinge im Himmel und auf Erden, als Eure Schulweisheit sich träumt. So sind die Anhänger des Gauklers zu einem großen Teil Fräuleins, die sich Cumberbitch, Cumberbabe, Cumbercookies, Cumvercollective, Cumberbunnies, Benaddicts, Cumberbro oder andere ausgefallene Namen geben. Ist dies schon Tollheit, hat es doch Methode und ich beneide diesen Gaukler nicht um seine Heerscharen an Anhängern, die nicht davor zurückschrecken in Lichtspielhäusern in der Stadt mit Namen Wien mit der Kopfbedeckung, welche man gemeinhin als Deerstalker bezeichnet, zu sitzen umso ihre Zugehörigkeit zur Schar zu demonstrieren. Im Schwachen wirkt die Einbildung am stärksten. Dieser Fanatismus will ausgenutzt werden, und somit haben S.S. und meine Wenigkeit die Idee ersonnen, daraus Profit zu schlagen. Da sich im nächsten Jahre Scharen von Campierenden um das Barbican tummeln werden, könnte man den Wartenden Heißgetränke in Bechern reichen, welche das Antlitz des Angebeteten tragen. Und weh mir! Wie groß war doch der Schock unter der weiblichen Anhängerschar, als folgendes verkündet wurde: „son of Wanda and Timothy Cumberbatch of London“ hat sich verlobt. So brich mein Herz, denn Schweigen muss der Mund.  

 In der Kürze ist des Witzes Seele, nicht doch im Namen des Gauklers. Daher sei er von nun an nur BC genannt. (Bei den Namen der Altvorderen sei solche Namenswahl jedoch verziehn, denn: Timothy und Wanda – da leitet einem die Assoziation doch zu einem Werke mit Namen Ein Fisch namens Wanda hin. Man fragt sich, in welchem Alter dieser kleine Junge wohl war, als er seinen Taufnamen auf Papier niederschreiben konnte? Und wie möchten so viele Buchstaben auf einer Anstecknadel Platz finden?  Da meines erhabenen Vaters Namensgedächtnis von kurzer Dauer ist, pflegt er BC nur „den Typ von Sherlock“ zu nennen.) Doch nicht nur die Verfasserin dieser Zeilen befindet den Namen von BC als wunderlich. So auch eine Maid mit Namen Caitlin Moran, welche folgenden Ausspruch tat: „The first actor in history to play Sherlock Holmes who has a name more ridiculous than Sherlock Holmes.” Bekannt ist BC nicht nur für seine Darstellung als Meister der Detektei, sondern auch für seine verzückende Stimme. „A voice like a jaguar hiding in a cello.“ Doch scheint dieser Vergleich der Schreiberin nicht ganz stimmig. Würde sich dies pelzige Raubtier nicht gequält anhören im Angesicht seines Gefängnisses? Da amüsiert sie doch die Bezeichnung seiner Stimme mit „Audio Porn“ doch mehr. Doch lasst uns nicht bei solch Trivialitäten verweilen, sondern zu der eigentlichen Erzählung fortschreiten.

Dein Ohr leihe jedem, wenigen deine Stimme! Weswegen nur ein paar Auserwählte in den Genuss des Jaguars im Cello im Dörfchen kommen können. Wahr ist’s, ist schade, und schade, dass es wahr ist. Kaum Chancen zu den Auserwählten zu gehören rechneten ich und meine tapferen Gefährten mir aus, als ich am 01.08. in diesem Jahre einen Blick in den Online Verkauf tat, der an diesem Tag nur privilegierten Mitgliedern des Theater-Hauses zustand. 2463 war die unglückliche Zahl, welche ich in der Warteschleife war. Nur eine Nummer unter Tausenden. Nur reden will ich Dolch, keine brauchen, doch wenn dem so sein sollte, würde ich dennoch Gebrauch von ihm machen müssen, um am 04.08. (wenn auch das Volk sich um Karten bemühen konnte) zu den Auserwählten gehören wollte. Dennoch: Wahrhaft groß sein, heißt, nicht ohne großen Gegenstand sich regen. Und wenn auch nicht in der Vertikale groß, so wollte ich doch nicht kampflos aufgeben.  

An jenem Tag, dem 04. August des Jahres 2014 sollte sich mein und das Schicksal meiner Gefährten entscheiden. Um Punkt 10:00 Uhr (Zeitrechnung der Hauptstadt von Großbritannien) hieß es bereit sein ist alles. Mit einem kurzen Klick auf die virtuelle Seite wurden wir in eine Online-Warteschleife verbannt. Dieses Mal war meine Nummer 1465. Was wir ersinnen, ist des Zufalls Spiel. Dies Spiel würde sich lange Zeit hinziehen. Die Zeit ist aus den Fugen in der Warteschleife. Und bietet Möglichkeit sich mit den Terms and Conditions und FAQ dieser besonderen Produktion auseinander zu setzen. Hier ein kleiner Auszug aus den Schriften:

Ticket purchases will be limited to a maximum of six per person across all performances.

The name of the lead booker will be printed on each ticket and photo ID of the lead booker will be required to gain admission.

Bookers are required to keep with them at all times their ID and credit/debit card used to make the booking as these may be required for re-entry or requested at any point by our front of house teams.  

Phone lines will be extremely busy so you may need to wait some time in order to be transferred to the next available advisor. (Die Verfasserin griff auch zum Telefon, doch ward die Leitung jedes Mal gekappt.)

Sat 17 Oct 1.30pm, Audio-described performance with touch tour at 12.15pm (Touch Tour??!!! Darf meine Hand es da wagen zärtlich die des Gauklers zu berühren?)

Das unentdeckte Land, von des Bezirk kein Wanderer wiederkehrt ist die Online-Warteschleife, denn nur schleppend rückten die Figuren vor. So allerlei Gedanken schwirrten in der Wartezeit in meinem Kopfe umher. So fragte ich mich, wieso die Figur der wandernden Person, welche das Fortschreiten darstellen sollte, männlich war, wenn doch die Mehrheit der Kämpfer um ein Ticket weiblich war.

Es ist etwas faul im Staate Dänemark, denn auch nach 2 Stunden wanderte das Männchen noch immer auf den steilen Pfaden zum Ticket-Erwerb. Verzweiflung machte sich unter den Gefährten breit. Besonders als eine der Gefährten gestand, sie sei Nummer 6210. Während kostbare Sekunden verronnen, regte sich in uns der Unmut. Zu lange dauerte es nun schon, und zu viel Zeit war auf das Denken verschwendet, welches Zweifel in uns schürte und unsere Hoffnung schwinden ließ. Denn an sich ist nichts weder gut noch böse; das Denken macht es erst dazu. Beinahe unerträglich ward die Ungeduld, doch plötzlich bewegte sich die Figur auf ihrem Balken weit nach vorn und die Nummer, welche uns nun zugewiesen war, ward nur mehr zweistellig. Der Hoffnung Saat keimte in uns auf. Und tatsächlich: Nach der Minuten wenige, eröffnete sich uns ein neues Fenster, hinter dem sich virtuelles Neuland verbarg. Mit klopfendem Herzen ward ein Sonnabend im Oktober 2015 ausgewählt. Beinahe schmerzhaft langsam rieselte der Sand in der Sanduhr, bis wir erfahren sollten, ob auch wir unter den Auserwählte sein würden. Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage. Oh wie verzückt war ich doch, als schlussendlich die Worte „Your order has been confirmed“ vor meinen Augen tanzen. Danach: zwei Anrufe mit zitternden Fingern an meine Gefährten, welche mich mit ihren Ausrufen der Freude beglückten.  

Welch großes Glück uns zu Teil wurde, Karten erhalten zu haben, wurde uns ein paar Tage später bewusst, als Kameraden uns von ihren Abenteuern in den Unbekannten der Warteschleife als Nummer 30 248 berichteten. Oder auch jene Kameradin, die mit dem eigenen Leib versuchte im Barbican Karten zu erhalten. Mit den Worten: „Ausverkauft auf Grund unerwarteten Andrangs“ musste sie unverrichteter Dinge von Dannen ziehen. Doch scheint mir diese Aussage recht lächerlich. Wie konnte dieser Andrang unerwartet sein?

„Wie lange hat unsere Reise in der Warteschleife nun gedauert?“, werden manche sich fragen. Nun, die Mühen nahmen 3 Stunden unsrer Zeit in Anspruch. Nimm Rat von allen, aber spare dein Urteil. Denn im Vergleich zum Pöbel, welcher am Sonntagabend, wenn die Uhr 21 geschlagen hat, in einer Schlage auf der Mariahilferstraße steht, um Köstlichkeiten namens Donuts bei Dunkin Donuts zu kaufen, sind die Strapazen der Verfasserin – mit Verlaub – noch als bei Sinnen zu bezeichnen.  

Und nun? Wahrhaft lange ist es noch, bis zum Oktober nächsten Jahres, doch wir wissen zwar, was wir sind, aber nicht, was wir werden können. Die Verfasserin wusste nicht, wie lebensfroh sie die Aussicht auf einen Ausflug in die Hauptstadt Großbritanniens machen würde. Die Vorfreude darauf wird sie im kommenden Jahr aufrecht erhalten. Darum seid euch gewahr: Nennt mich was für ein Instrument ihr wollte, ihr könnt mich zwar verstimmen, aber nicht auf mir spielen.

Und bis dahin? Als Vorbereitung stattet sie der Burg im Jänner einen Besuch ab, um Hamlet in 6 Stunden zu genießen. (Jener besorgte Mann am Ticketschalter fragte sie beim Kauf der Karten, die Stirne runzelnd: „Sie wissen wie lange es dauert?!“) Danach kann man BC dabei beobachten wie er seiner Vorliebe frönt, Rollen anzunehmen, welche den Namen Khan beinhalten (Khan – Star Trek, Shere Khan – The Jungle Book), ihn in der Shakespeare Serie Hollow Crowns bewundern (Anhängerscharen von Tom Hiddleston gebt Acht – dies könnte auch euch gefallen) oder den Vorschlag der Verfasserin für einen besonderen Kalender 2016 unterstützen: SherlockBelstaff unbuttoned.
Die Verfasserin wird in den nächsten 300 Tagen darüber erheitert sein, dass sie eine der Auserwählten ist, und ein Lächeln wird immerzu über ihre Lippen huschen, wenn ihre Kameradin sie mit den Worten „Hello happy Hamlet ticket holder“ anspricht. Der Rest ist Schweigen.






Sonntag, 21. Dezember 2014

Sherrinford aus Vorarlberg


Im Zuge von Gesprächen über die Themenfindung für den diesjährigen Advent-Blog, haben ein paar Leute einen Beitrag zu BBCs Sherlock Staffel 3 vorgeschlagen. Da ich mich der Diskussion darüber, ob Sherlock betrunken lustig, genial oder out of character war nicht anschließen will (geschweige denn, dass alle U-Bahn Linien in The empty Hearse durcheinander sind, und ob Moriarty noch lebt – zumindest im nächsten James Bond schon, denn dort wird Andrew Scott mitspielen), werde ich dem Wunsch einiger nicht nachkommen. Tut mir leid. Nach reiflicher Überlegung bin ich allerdings zu dem Schluss gekommen, dass ich den englischen Detektiv nicht ganz ausblenden kann. Schließlich haben Mr Holmes und sein treuer Begleiter Dr Watson einen Großteil meiner freien Zeit 2014 in Anspruch genommen. Und weil es mehr skurrile und interessanten Fakten über the world’s only consulting detective gibt als man vermuten mag, dachte ich mir, ein Sherlock Holmes Trivia wäre eine gute Idee. Ich hoffe, euch damit Wissen zu vermitteln, mit dem ihr in English Literature 302 (liebe Grüße an Prof. Mengel) oder beim Weihnachtsessen brillieren könnt. Also bereitet euren Schuss Kokain vor, stopfe die Pfeife, klebt die Nikotinpflaster auf und los geht’s:

Beginnen wir mit einer Tatsache, die den meisten vermutlich bekannt ist: Sherlock Holmes sei die meist verfilmte fiktive menschliche Figur der Welt – 226 Filme gibt es. Ich schreibe daher „menschlich“, denn zählt man Vampire hinzu geht der Preis der meistverfilmten fiktiven Figur an Dracula – mit 239. Das muss man den Engländern lassen, darauf können sie sich was einbilden. Wir haben… Soko Kitzbühle… ok, vielleicht ist der Brenner ein besserer Vergleich… Ich würde ja gerne die Version Sherlock Homie sehen, von der ein Plakat bei 30 Rock in Tracys Garderobe hängt.

Die Drehbuchschreiber von Sherlock erzählten mal, dass ihr Ziel als Jugendliche gewesen ist, alle Sherlock Holmes Geschichten zu lesen und sie sich gewundert haben, wieso die Mädels daraufhin nicht Schlange gestanden sind. Ich kann nur bestätigen, dass es umgekehrt auch nicht funktioniert. Ich habe alle 56 Kurzgeschichten und 4 Bücher gelesen und bin nach wie vor Single. Komisch… ;-)

Ironie über Ironie: Der Mann, der den berühmten Schnüffler erfunden hat und der das Bild des viktorianischen Londons wie kaum ein anderer geprägt hat, war Schotte und hatte London kaum besucht als er mit den Geschichten des Detektivs begann.

Sir Arthur Conan Doyle ist eigentlich ein Künstlername. Sein richtiger Name war Arthur Ignatius Conan Doyle. Er selbst hat aber damit begonnen seinen Mittelnamen (der eigentlich ein Vorname ist) als Nachname zu verwenden und damit seine Biographen dazu gebracht es ihm gleich zu tun.

Wer könnte das glauben? Das kleine, verschlafene Örtchen Feldkirch in Vorarlberg spielte in Sir Arthurs Leben eine wichtige Rolle. Er ging u.a. dort zur Schule, schrieb für die Schülerzeitung und entdeckte dort die Werke von Edgar Allan Poe, dessen Detektiv C. Auguste Dupin mit seinen Methoden ein Vorbild für Sherlock Holmes werden sollte.

Wer sich (wie ich) schon immer gedacht hat, dass Sherlock ein komischer Name ist, der sollte froh sein, dass Sir Arthur nicht seinem ersten Einfall nachgegeben hat. Ursprünglich sollte der Detektiv nämlich Sherrinford heißen. In Sherlock Holmes: Die Biografie des großen Detektivs aus der Baker Street ist Sherrinford der älteste Bruder der Holmes (darauf könnte es auch in der Serie Sherlock hinauslaufen, in der ein „anderer“ Bruder erwähnt wird). Im Kanon hat Sherlock einen 7 Jahr älteren Bruder, der einen nicht weniger bizarren Namen trägt: Mycroft. Obwohl Mycroft eine der bekanntesten Figuren ist und von zahlreichen berühmten Schauspielern dargestellt wurde (u.a. Stephen Fry und Christopher Lee), so taucht er nur in 2 Sherlock Holmes Geschichten auf und wird in nur 2 anderen erwähnt.

Es gab nie eine Hausnummer 221 Baker Street in den Zeiten von Holmes. Angeblich ist die berühmteste Adresse Londons 221B Baker Street (Meiner Meinung nach ist es Downing Street 10, aber bitte…). Leser der Sherlock Holmes Geschichten schickten tatsächlich Briefe an diese Andresse, um den Detektiv um Hilfe zu bitten. Dumm nur, dass die Postboten nicht wussten wohin damit, denn zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Baker Street gerade mal so lange, dass die Hausnummern nur bis 85 gingen. Der Buchstabe B ergibt sich daraus, dass sich die Wohnung im ersten Stock befindet. Die Wohnung im Erdgeschoß wäre 221A und jene im ersten Stock eben 221B. Heute hat das Sherlock Holmes Museum die Adresse 221B, obwohl die eigentliche Adresse Baker Street 239 ist. Verwirrt? Der arme Pizzabote sicher auch…

Die Sache mit dem berühmten Deerstalker Hut… Der eigenartige Hut (lasst uns ehrlich sein: NIEMAND schaut mit dem Ding gut aus) hat sich durch die Illustrationen von Sidney Paget im Strand Magazine, in dem die Kurzgeschichten erschienen, eingebrannt. In den Geschichten selbst trägt Sherlock Holms zwar einen Hut, wenn er einen Fall außerhalb von London löst, aber dass es sich dabei um einen Deerstalker handelt wird nie explizit erwähnt.

Sir Arthur und die Namen… ACD hatte nicht nur eine Vorliebe für eigenartige Vornamen, sondern auch eine Tendenz diese zu vergessen. So wird John Watson in The man with the twisted lip von seiner Frau immerzu “James” genannt. Auch die Haushälterin Mrs Hudson (deren Vorname wir im Kanon nie erfahren) heißt zwischendurch mal Mrs Turner. John Watsons Mittelname beginnt mit H. Wir erfahren aber nie wie er lautet.  

Generell hatte es ACD nicht so mit Kontinuität. Im ersten Buch – welches übrigens zu Beginn ein Flop war und von den meisten Verlagen abgelehnt wurde – leidet Dr Watson an einer Kriegsverletzung am Bein, danach plötzlich am Arm und in späteren Büchern generell nur mehr „an einer der Gliedmaßen.“ Auch Dr Watsons Frau Mary Morstan taucht auf, wird geheiratet und verstirbt irgendwie dazwischen spurlos. Der Leser erfährt es aus einem Nebensatz. Einen allzu großen Vorwurf kann man ACD aber auch nicht machen, schließlich hat er das erste Buch mit 27 und das letzte mit über 70 geschrieben. In diesem Zeitraum würde ich auch einiges vergessen.

 Sherlock und die Drogen: Ja, Sherlock Holmes hat nicht nur Pfeife geraucht, er hat sich auch dem Kokain hingegeben. Man muss allerdings sagen, dass dies zu damaligen Zeiten üblich und Mode war. Einer der dutzenden Darsteller, die Sherlock Holmes im Laufe der Zeit zum Leben erweckt haben, war William Gillette („Für das Beste im Mann“), der das mit dem Method-Acting ein wenig zu ernst nahm, als er sich 1900 live auf der Bühne Kokain injizierte. Das war eben noch wahre Hingabe!

Wo wir schon beim Herrn Rasierer Gillette sind: Dieser verwendete im Bühnenstück Sherlock Holmes: A drama in four acts das erste Mal die Phrase „Oh this is elementary, my dear fellow“, welche später im ersten Sherlock Holmes-Tonfilm 1929 in „Oh, this is elementary, my dear Watson“ umgewandelt wurde und seither als der berühmteste Ausspruch des Detektivs gilt (die Serie Elementary ist danach benannt). In den Büchern verwendet Sherlock Holmes diese Phrase nie. Am nächsten kommt der Dialog in The crooked man:
Watson: „Excellent!“
Sherlock (trocken): „Elementary.“

Die einzige Frau im Kanon, für die sich Sherlock Holmes irgendwie interessiert, ist Irene Adler. Daher kommt sie in den meisten Verfilmungen (z.B. Sherlock Holmes mit Robert Downey Jr) immer als dessen Love Interest daher. Im Kanon ist Ms Adler allerdings überhaupt nicht an Holmes interessiert, denn ihre kriminellen Machenschaften dienen einzig dem Zweck den Mann, den sie liebt, heiraten zu können. Jene Verfilmung von A scandal in Bohemia mit Jeremy Brett in der Hauptrolle ist die einzige, die sich in dieser Hinsicht an die Buchvorlage hält.

Sherlock Holmes macht eigentlich keine Deduktionen, sondern Abduktionen. Der Unterschied ist, dass bei Letzterem die Schlussfolgerung, zu welcher man durch Beobachtung kommt, nicht zwingend immer richtig sein muss. Wohingegen bei der Deduktion die Rückschlüsse basierend auf den erhaltenen Daten (meist durch logische Ableitung von Aussagen) immer korrekt sein müssen. Aber da Sherlock Holmes prinzipiell immer recht hat, handelt es sich vielleicht doch um Deduktion. Und seinem Ego entspricht es auch dies so zu bezeichnen.

Sir Arthurs Verdienste gehen aber weiter als die Erfindung des berühmten Detektives (den er zwischendurch tötete und wiederauferstehen ließ – der Vorläufer der Duschszene von Dallas sozusagen), denn er hat das englische Wort „grimpen“ erfunden ( „Moor“ aus The hound of the Baskervilles) und schrieb den Science Fiction Roman The lost world, welcher Michael Crichtons Jurrasic Park inspirierte.

Wer Zeit, Geld und Lust auf mehr Fakten rund um den Detektiv aus der Baker Street hat, der kann dessen Heimatstadt einen Besuch abstatten, denn im Museum of London gibt es zur Zeit die bisher größte Sherlock Holmes-Ausstellung.
Quellen: Das, was von monatelanger Recherche hängen geblieben ist.

Sprich wie ein Pirat und knuddle am Internationalen Hobbit-Tag


Man schlägt den Kalender auf, oder öffnet die Seite einer Suchmaschine und dann liest man sowas wie: „Heute Internationaler Tag der Hobbits.“ Da frage ich mich natürlich: Wer kommt auf sowas? Und für was gibt es denn nicht noch alles einen Tag? Diesen Fragen will ich heute auf den Grund gehen, und ich bin bei der Recherche auf Abgründe gestoßen.  

Der zu eingangs erwähnte internationale Tag der Hobbits ist der 22. September. Wieso? Ganz einfach: dies ist der Geburtstag der Hobbits Bodo und Frodo (Ja, bei Tolkien reimen sich die Namen der Verwandten gerne. Wer mir das nicht glaubt, sollte mal das Silmarillion aufschlagen). Ganz so einfach ist es mit der Bestimmung des Hobbit-Tages dann leider auch wieder nicht, denn „wahre“ Tolkien Freaks bekritteln, dass der Auenlandkalender (nach welchem die Hobbits in Tolkiens Universum ihre Tage bemessen) vom gregorianischen abweiche und daher der 14. September der eigentliche Hobbit-Tag sei. An welchem Tag man den Halblings-Tag auch feiern mag: Im September heißt es also barfuß ein Bierchen kippen und Kraut aus dem Auenland rauchen.

Am 3. Samstag im Jänner feiert man den Tag des deutschen Schlagers, welcher sich meiner Meinung nach gut mit dem Tag der Blockflöte am 10. Jänner verbinden lässt. Da kann man gemeinsam einen einstudierten Schlager auf der Blockflöte bringen. Sex, Drugs and Florian Silbereisen.

Am 14. Jänner ist es egal was Mensch trägt, Hauptsache der kleine Liebling ist zurechtgemacht, denn es ist Zieh dein Haustier an Tag.

Zum 18. Jänner – Welttag des Schneemanns - gibt es nicht viel mehr zu sagen als: http://www.youtube.com/watch?v=UFatVn1hP3o  

Den 21. Jänner lasse ich aufgrund meiner Berührungsphobie eher aus: National Hug Day. Mir reicht es schon, wenn ich in der Kirche fremden Menschen meine Hand zum Zeichen des Friedens geben muss. Auf eine Umarmung kann ich verzichten.

Im Februar gibt es dann den Safer Internet Day. Wird der mal in Edward Snowden-Tag umbenannt werden? Hat das was mit Safer Sex zu tun?

Dies würde im weitesten Sinne zu dem zweideutigen Tag am 02. Februar passen: Tag der Feuchtgebiete. Freut mich für Frau Roche, dass ihr Ekel-Buch einen eigenen Tag hat ;-)

Am selben Tag findet ein Dank des Filmes Und täglich grüßt das Murmeltier bekanntes Ereignis statt: Groundhog Day. In der kleinen Stadt Punxsutawney, wird der Murmler Phil aus seiner Kiste geholt und je nachdem, ob er seinen Schatten sieht, weiß man, ob der Winter noch länger dauern wird.   

Am 12. Februar ist Internationaler Darwin Day. Darf der denn in den USA gefeiert werden?

Der 23. Februar passt thematisch zum 14. Jänner: Tag des Hundekuchens. Da kann man seinem besten Freund eine Bäckerschürze umbinden. Backe, backe Kuchen, das Hündchen hat gerufen…

Am 27. Februar ist Knuts Tag: Welteisbärtag. Da möchte ich gerne den Lieblingsanmachspruch eines Kollegen anbringen: „Wie schwer ist ein Eisbär? Gerade schwer genug, um der Eis zu brechen.“

Die Wahl, dass der 29. Februar (Schalttag) der Tag der Seltenen Erkrankungen ist, finde ich doch recht makaber… Kommt ja recht selten vor, dass der gefeiert wird…

Am zweiten Märzwochenende wird der Tag der Töpferei gefeiert. Was so viel heißt wie, dass man sich Ghost anschauen muss.

Tragt euch den 05. März rot in eurem Kalender ein, denn es ist Tag der Käse-Flips. Der Tag wurde sicher von Kelly’s eingeführt, oder von Cheesies.

Der 14. März ist ein Tag für Schlaumeier, denn es ist der Pi-Tag. Nein, das hat nichts mit dem Film oder Buch zu tun, sondern es ist der Tag der Zahl Pi, welcher in den USA einführt wurde. Und alle Intelligenzbolzen dürfen nun überlegen wieso genau zu diesem Datum ;-)

Der Tag am 06. Mai ist ein toller, wie ich finde: Der Anti-Diät-Tag. Da müssen selbst Kate Moss und Keira Knightly mal was essen.

Am 09. Mai feiern die Waschmaschinen ihren heimlichen Triumph über die Menschheit, am Welt-Tag der verlorenen Socke.

Ebenso gefällt mir der Towel-Day am 25. Mai. Darf ich da nur mit Handtuch bekleidet in die Arbeit gehen?

Am 21. Juni bleibe ich gleich zu Hause im Bett, denn da ist der Tag des Schlafes.

Der darauffolgende Sonntag im August passt thematisch dazu: ewiger Schlaf… denn es ist der Tag des Friedhofes.

„Arrrrr.. und ne Buddl voll Rum“ Der 19. September ist der Sprich-wie-ein-Pirat-Tag. Den hat sicher Disney eingeführt. Arrrrr.

Der zweite Samstag im September ist auch ganz nach meinem Geschmack (und da hatte vermutlich Disney auch seine Finger im Spiel): Home Movie Day.

Am 19. November ist das stille Örtchen mal ganz laut – es ist Welttoilettentag!

Der zweite Samstag im Oktober steht unter dem Motto: Rettet die Kastanien. Dabei soll die Eindämmung der Vermehrung der Kastanienminiermotte gefördert werden. Was für ein Wort… Tod dem Kastanien-Minion-Ding… Ob es der Eindämmung förderlich ist, wenn man sich an dem Tag eingehend Sturm widmet? Ich werde nächstes Jahr einen Selbstversuch starten.

Und heute gratuliere ich euch zum oohhh… ahhh… jaaaa.. Welt-Orgasmus-Tag!

Samstag, 20. Dezember 2014

Depression - Niklaas ist Schuld


inspiriert von Mrs Branson
 
Immer wieder hört man, dass die Volkskrankheit Nummer 1 die Depression sein. Ich wage zu behaupten nun den Auslöser gefunden zu haben. Jahrzehnte-lange Forschungen in der Psychologie sind meiner Meinung nach obsolet, denn die Erklärung wieso so viele Menschen heutzutage an Depressionen leiden ist denkbar einfach: traumatisierendes Kinderfernsehen.

Wenn ich zurückdenke, welche Zeichentrickserien ich als Kind gesehen habe, so fallen mir (abgesehen von Biene Maya – wie arg ist das, dass Biene Maya jetzt auch magersüchtig ist?!) nur Serien ein, die im Grunde tieftraurig waren: Niklaas, der Junge aus Flandern, Perrine, selbst die Version von Robin Hood die ich gesehen habe, hat mich zum Weinen gebracht (sogar im Kindesalter hat sich schon der Trend abgezeichnet, dass meine Lieblingsfiguren immer sterben). Von Lassie will ich erst gar nicht erst anfangen…

„Wenn der Wind im Frühling seine Lieder singt, und allen neue Hoffnung bringt, dann wein‘ nicht mehr Perrine“, so begann der Vorspann der Kinderserie, welche auf dem Roman En famille von Hector Malot basiert. Darin geht es um ein Mädchen namens Perrine (Überraschung…), welches gemeinsam mit seiner Mutter nach dem Tode seines Vaters mit dem Wohnwagen nach Paris zu seinem reichen Großvater ziehen will. Man kann sich vorstellen, dass eine alleinerziehende Mutter es im 19. Jahrhundert nicht besonders einfach hatte. Als wäre das nicht schon genug Drama, stirbt die Mutter auf halbem Weg und Perrine ist von nun an mit ihrem Hund Baron auf sich alleine gestellt. In Paris angekommen, stellt sich heraus, dass der „liebe“ Großvater nichts mit ihr zu tun haben will. Recht aufbauende Geschichte also. Ich war auch noch so masochistisch und habe damals den Roman gelesen. Ich weiß noch genau wie sehr ich an der Stelle geweint habe, als die Mutter gestorben ist.

War die Geschichte über die Vollwaise Perrine schon harter Tobak, so konnte Niklaas, ein Junge aus Flandern dies dennoch toppen. Der Protagonist ist der kleine Junge Niklaas, der bei seinem Großvater lebt, welcher stirbt, dessen einzige Freundin Annika weit weg von ihm in ein Internat gesperrt wird und der am Ende (Spoiler!) mit seinem treuen Hund Patrasch in einer Kirche erfriert, als er sich zum letzten Mal die Bilder von Rembrandt und Rubens ansieht. „Er wollte so werden wie sie, so ein unvergessliches Malgenie…“ Auch da hat uns die Titelmelodie einen Streich gespielt. Wenigstens war die Serie dahingehend Realitätsnah: Die Chancen, dass du zu Lebzeiten ein geachteter Maler wirst, sind minimal. Viel wahrscheinlicher ist, dass du einen tragischen Tod findest. „Lieber arm dran, als Ohr ab“, würde Herr Van Gogh wohl sagen.  

Im Kino waren wir auch nicht besser dran: Dumbo (denken wir an die Szene, in welcher der kleine Elefant von seiner Mutter getrennt wird),  Bambi (den Film sollte man einmal in einer Jagdgesellschaft zeigen), Lion King („Steh auf Papa, lass uns nach Hause gehen…“), …

In Buchform wurde uns Hoffnungslosigkeit in den Geschichten von Hans Christan Andersen serviert. Das Mädchen mit den Schwefelhölzern, Die kleine Meerjungfrau (Disney hat uns angelogen, denn das Original geht ganz anders aus…), … Wer sich an einem einsamen Advent-Sonntag deprimieren will, sollte sich mit einer Kuscheldecke auf dem Sofa zusammenrollen und einen Blick auf die Antithese zu Grimms „Und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage“ werfen.

Was war also die Moral dieser verstörenden Geschichten um Trauer und Verlust? Entwickle keine zu starke Bindung zu anderen Menschen, denn früher oder später werden sie dir durch Schwindsucht oder einer Herde Antilopen genommen werden? Verfolge nicht deine Träume, denn du wirst das Zeitliche segnen noch bevor du das Erwachsenenalter erreichst? Verschwende keine Streichhölzer? Verliebe dich in niemanden der zwei Beine hat? Laut Psychologen sollten verwöhnte Kinder im Fernsehen sehen wie gut es ihnen im Vergleich zu den armen Weisenkindern doch ging. Ja eh, aber musste man uns gleich für das Leben traumatisieren? Meiner Meinung nach hatten sich damals die Fernsehanstalten mit den Psychologen verschworen, um gemeinsam eine neue Generation an Patienten zu züchten, damit die Seelendoktoren auch sicher genug zu tun haben würden.

Ich will nicht darüber nachdenken welche Menschen aus der Generation Teletubbies, Pokémon, und Dragon Ball Z entstehen, aber auch da werden Therapeuten wohl genug zu tun haben. Sollten Sie auch zu den Opfern von Perrine und Co gehören, dann würde ich vorschlagen Sie informieren sich bei Ihrer Krankenkasse, ob man die Produzenten dieser Hoffnungslosigkeit in 2D auf Schmerzensgeld verklagen kann, oder ob sie zumindest Ihre nächste Rechnung für Antidepressiva übernehmen. Bis dahin reden wir uns ein, dass Niklaas Tod in der Kirche nur ein Traum ist (wie uns das deutsche Voice-over am Ende weismachen wollte) und er schlussendlich durch ein Portrait von Annika zu einem bekannten Maler wird. Sie erfährt durch das Bild, dass er noch am Leben ist und macht sich, auf ihn zu suchen. Am Baum auf dem Hügel, wo er sie früher immer gezeichnet hat, treffen sie einander wieder und leben glücklich bis ans Ende ihrer Tage.  

Ende

 


 

Freitag, 19. Dezember 2014

Allein, allein, das muss nicht sein



„You ate dinner in front of a mirror last night.“ – 30 Rock

Die Linden vor dem Wohnzimmerfenster haben längst ihre Blätter verloren, Reif bildet sich auf den dünnen Zweigen, die Richtung Fenster zeigen, der Himmel ist so grau, dass man ihn kaum vom Haus gegenüber unterscheiden kann und um 14 Uhr wirft man einen ungläubigen Blick auf die Uhr, denn es kann doch nicht sein, dass man jetzt schon das Licht aufdrehen muss. Wer an solch deprimierenden Tagen im November oder Dezember nicht alleine zu Hause sitzen möchte, und beim Essen in einen Spiegel schauen will, um seine Mahlzeit nicht alleine genießen zu müssen wie Liz aus 30 Rock, kann ins Anti-Forever Alone Restaurant gehen. In Tokyo gibt es das Moomin Café, in dem einem Plüschtiere Gesellschaft leisten. Aber nicht irgendwelche Teddybären, sondern ein Moomin sitzt bei einem am Tisch. Dies ist eine Figur aus einem schwedisch-finnischen Buch (es gibt auch eine Zeichentrickserie), die einem Nilpferd ähnelt. Bilder der weißen, freundlichen Figur zieren die Wände und selbst das Muster auf dem Milchschaum sieht aus wie ein Moomin. Es gibt männliche und weibliche Gesellschaft, je nachdem welche man bevorzugt. Wenn man sich alleine an einen Tisch setzt, kommt der Kellner und meint, es gäbe jemanden, der sich gerne zu einem setzen möchte. Dieser „jemand“ ist natürlich niemand anderes als Herr oder Frau Moomin. Eine lustige Idee, wie ich finde, und sicher gesellschaftlich akzeptierter, als seine Gummipuppen-Freundin mitzubringen. 




Wer doch nicht das Haus verlassen möchte, kann auf die Anti-Loneliness Ramen Bowl zurückgreifen. Dies ist eine Nudelschüssel mit inkludierter iPhone Halterung, damit man telefonieren kann und sich gegenseitig beim Essen zuschauen kann. Mahlzeit!  
 



In New York geht man schon einen Schritt weiter: Dort hat man keine plüschige Gesellschaft, sondern gleich eine Umarmung. Im Snuggery wird man gegen Bezahlung geknuddelt. Eher nichts für Berührungsphobiker. Aber angeblich sollen ja regelmäßiger Köperkontakt wie Umarmungen Krebs vorbeugen – habe ich irgendwo mal gelesen.
Man muss aber gar nicht so weit wie Tokyo oder New York reisen, um in ein „anderes“ Café zu gehen. Es reicht schon aus, wenn man in Wien im Café Neko vorbeischaut, dem Katzen-Café. Dort kann man die kleinen Vierbeiner streicheln, oder ihnen einfach nur beim Schlafen zusehen. Laut eines Erfahrungsberichtes meiner Kollegen, welche im Dienste der Wissenschaft (und des Hungers) dieser Lokalität einen Besuch abgestattet haben, hört es sich besser an, als es ist. Das Essen war nicht sonderlich gut und die Katzen größtenteils in ihren Höhlen versteckt. Wer aber die Anwesenheit eines schnurrenden Tigers zu Hause vermisst, sollte dem Café vielleicht doch einen Besuch abstatten und sich selbst ein Bild machen.