Was ich an Weihnachten besonders mag (abgesehen von
meiner Weihnachts-Ohrringsammlung) ist, dass man schon beinahe dazu
verpflichtet ist, Traditionen aufrecht zu erhalten. Und eine dieser Traditionen
ist bei mir Geschenke einpacken und Love
Actually (Tatsächlich… Liebe) zu
schauen. So sitze ich in Mitten von Weihnachtspapier, die dritte Kerze brennt
am Adventkranz und neben mir steht eine Tasse Tee mit Milch (immerhin bin ich
ja dabei mir einen britischen Film anzusehen).
Wie viele von euch sicher wissen, handelt es sich
bei Love Actually um einen Episoden –
oder Ensemblefilm (welchen Terminus man auch immer bevorzugt), bei dem es
mehrere Handlungsstränge gibt, die mehr oder weniger lose miteinander verwebt
sind. Um die Sache daher für alle Lesenden (auch für jene, die den Film noch
nicht gesehen haben – solche soll es geben) leichter zu machen, versuche ich
deswegen meine Gedanken nach Handlungssträngen bzw. handelnden Figuren zu
ordnen.
Der Lieblingsschwiegersohn vieler Mütter (obwohl ich
das nach all den Eskapaden mit Prostituierten usw. nicht wirklich
nachvollziehen kann, aber vermutlich liegt es daran, dass er einfach so
unschuldig drein schaut) Hugh Grant macht den Anfang mit einem Voice-over, dass
„love is actually all around“ ist. Und nach mehrmaligem Sehen, finde ich man
sollte das streichen – zu pathetisch, aber es ist nun mal eine weihnachtliche
RomCom, also muss ich es wohl oder übel in Kauf nehmen. Eines kann ich mit
Sicherheit sagen, die Downing Street Nr 10 ist die glänzendste Haustür in ganz
London in dem Film. Und wie ist die Darstellerin der Sekretärin damit klargekommen,
dass man dauernd über sie sagt, sie hätte Oberschenkel wie ein Elefant?
Ich finde, man sollte sich den Film alleine schon
wegen der Outfits von Bill Nighy anschauen – oder jenen seiner leicht
bekleideten Backgroundtänzerinnen – im Abspann als „Billy’s Video Vixen“
gelistet (irgendwann kaufe ich mir auch so ein Santa-Baby-Outfit). Die sind so
grauenhaft, dass sie schon wieder genial sind. Generell ist er in der Rolle des
abgehalfterten Rockers sehr lustig, denn meiner Meinung nach, transportiert er
die richtige Aussage des Filmes: „Don’t buy drugs. Become a pop star and they’ll give you them for free.“
Wunsch-Schwiegersohn Nummer zwei kann ich schon eher
nachvollziehen: Colin Firth. Zu Beginn des Filmes fragen sich Millionen Frauen:
„Wie kann man Mr Darcy betrügen?“ Sind wir froh, dass seine Freundin das tut,
denn sonst würde er nicht seine hübsche portugiesische Haushälterin
kennenlernen, für die er sogar in einen kalten Teich voller Aale springt. Männer,
das ist wahr Hingabe! Merchandising-technisch hätte ich es toll gefunden, wenn es
das Buch, das seine Figur schreibt, zu kaufen gäbe. Ich mag Colins
Handlungsstrang vor allem deswegen so gerne, weil er so wunderbar vor Augen
führt, dass Antoine de Saint-Exupéry recht hatte, als er schrieb: „Sprache ist
die Quelle aller Missverständnisse.“
Es gibt einen einzigen Handlungsstrang im Film, mit
dem ich mich bis heute nicht anfreunden kann: Jener des Typens, der meint er
müsse nach Amerika gehen, weil er dort mit seinem „cute British accent“ Mädeln
aufreißen könnte. Und dann funktioniert es tatsächlich! Sollte mich aber
eigentlich nicht verwundern, denn schließlich hat mir ein Engländer heuer in
Kanada erklärt, dass er es dort lieben würde, weil er mit seinem
Oxford-Englisch immer alles bekommen würde. Es hat vielleicht auch ein bisschen
mitgespielt, dass er aussieht wie Wentworth Miller… Habe ich ihm nicht gesagt.
Wollte sein Ego nicht noch zusätzlich pushen.
Mein Lieblingspaar sind die Porno-Stand-Ins namens
John und Just Judy ;-) Egal wie oft ich noch The Hobbit oder Sherlock
sehen werde, Martin Freeman wird für mich immer der schüchterne Nackte aus Love Actually sein, der immerzu klingt
als wäre er verschnupft.
Natürlich darf in einem englischen Film Keira
Knightley nicht fehlen. Sie heiratet Chiwetel Eji… den Typ von 12 Years a Slave halt. Mein zukünftiger
Mann aufgepasst: Solltest du auch in der Kirche in pinkem Hemd und Krawatte auf
mich warten, habe ich keine Skrupel dich vor dem Altar stehen zu lassen. Generell
fragt man sich bei Keira immer: „Wieso heiratet sie den Typen, wenn der beste
Freund ihres Mannes nicht nur besser aussieht, sondern auch noch die süßesten
Schilder von ganz London schreibt?“ (So lange, bis er bei The Walking Dead mitgespielt hat.) In der Szene, in der sie
herausfindet, dass er in sie verliebt ist leide ich jedes Mal körperliche
Schmerzen. Der Arme!
Liam Neeson hat in dem Film mit seinem 11-jährigen
Stiefsohn zu kämpfen, der sich in ein Mädchen verliebt, das genau so heißt wie
seine verstorbene Mutter. Finde ich auch… a bissi komisch. Der kleine Junge
wäre für mich ja Typecasting für einen Weihnachtself. Ins Fantasy-Genre hat er
es schon geschafft: Er spielt bei A Game
of Thrones mit. Leider nicht als Elf…
Dass Laura Linneys Figur ihren Bruder dem (beinahe
schon nackten) Rodrigo Santoro vorzieht kann ich noch immer nicht glauben. Auch
wenn ich beschämt zugeben muss, dass ich durchaus Parallelen in unseren
Charakterzügen sehe. Ich bin 2014 auch einmal kurz um die Ecke gebogen und habe
einen Freudentanz aufgeführt, ehe ich ganz cool und gelassen wieder
zurückgekommen bin.
Alan „the voice“ Rickman muss man normalerweise
lieben – aber in dem Film möchte ich ihm eine rein hauen. Wieso will man Emma
Thompson gegen Heike Makatsch tauschen? Außerdem bringt mich Emma Thompsons Szene
noch immer jedes Mal beinahe zum Weinen, wenn sie in ihrem Schlafzimmer Joni
Mitchell hört.
Wahllose Gedanken zum Schluss:
Pinke Krawatten scheinen dem Kostümdesigner zu
gefallen, denn auch der US-Präsident (Billy Bob Thornton) trägt so eine.
Auffallend viele Frauen tragen Röcke.
Wieso hat Colin Firth ein halbes Dutzend
Knoblauchkränze in seinem Kofferraum als Weihnachtsgeschenke? Bereitet sich
seine Familie auf einen Überfall von Vampiren zu Neujahr vor?
Offenkundig sind alle Menschen in dem Film reich,
denn ihre Wohnungen sind (für London-Verhältnisse) gigantisch.
Wieso lässt Colin Firth seine Haushälterin einfach
am Straßenrand aussteigen? Das würde Mr Darcy nicht tun!
Da die pinken Krawatten so teuer waren, konnte man
sich keine ganzen Oberteile mehr für Keira leisten. Die rennt nämlich meistens
bauchfrei herum. Aber in London ist es nicht kalt im Dezember…
Denkt irgendwer daran, dass der arme Chauffeur am
Weihnachtsabend sicher besseres zu tun hätte, als Hugh Grant
herumzukutschieren?
Der Film hat das beste Krippenspiel aller Zeiten:
Ich liebe die Kostüme der Hummer, Pinguine und vor allem des Wals an der
Krippe.
Am Ende solcher Filme laufen immer alle irgendwem
irgendwohin nach.
Es scheint niemanden zu stören, dass das Mädchen den
ganzen Weg vom Gate zum kleine Elfen zurückrennt. „You are delaying the
flight!“
Ist euch schon einmal aufgefallen, dass man beim
Blick von der Southbank immer das halbfertige Gherkin sieht?
Wer Zeit und Muße hat – es zahlt sich aus die Deleted Scenes auf der DVD anzuschauen.
Es gibt viele davon, aber viele lustige!
Wenn man so näher darüber nachdenkt, ist der Film
gar nicht so aufbauend… Vielleicht
ist die Aussage des Films doch:
„I thought it’d be something worse.“
„Worse than the total agony of being in love?“
„Err… No, you’re right. Total agony.“
„I thought it’d be something worse.“
„Worse than the total agony of being in love?“
„Err… No, you’re right. Total agony.“
Aber ich möchte niemandem am 24. mit meinem Zynismus
Weihnachten verderben. Daher empfehle ich folgende Düfte von Demeter’s Fragrance Libary im Raum zu versprühen:
Christmas Bouquet, Christmas in NY
oder Christmas Tree, Mistletoe, Gingerbread, Egg Nog und Ultimate Chirstmas Stocking Suffer Memories,
etwas Hübsches anzuziehen, ein beschwingtes Weihnachtslied aufzulegen und wie
Prime Minister Hugh Grant durch das Haus zu tanzen.
Fröhliche Weihnachten!
„Let me say […] because it’s Christmas (and at
Christmas you tell the truth):“ Danke für euer Lob, euren Zuspruch, eure Kritik
und Vorschläge zum Adventkalender 2014. Ganz besonderen Dank an Tom Poe, der
mich mit seinen bildlichen Kommentaren jeden Tag zum Lachen gebracht hat und AM,
die mein geheimer Beta war. „I
was in some ways very close to being moved by.“