inspiriert von Mrs Branson
Immer wieder hört man, dass die Volkskrankheit
Nummer 1 die Depression sein. Ich wage zu behaupten nun den Auslöser gefunden
zu haben. Jahrzehnte-lange Forschungen in der Psychologie sind meiner Meinung
nach obsolet, denn die Erklärung wieso so viele Menschen heutzutage an
Depressionen leiden ist denkbar einfach: traumatisierendes Kinderfernsehen.
Wenn ich zurückdenke, welche Zeichentrickserien ich
als Kind gesehen habe, so fallen mir (abgesehen von Biene Maya – wie arg ist das, dass Biene Maya jetzt auch
magersüchtig ist?!) nur Serien ein, die im Grunde tieftraurig waren: Niklaas, der Junge aus Flandern, Perrine, selbst die Version von Robin Hood die ich gesehen habe, hat
mich zum Weinen gebracht (sogar im Kindesalter hat sich schon der Trend
abgezeichnet, dass meine Lieblingsfiguren immer sterben). Von Lassie will ich erst gar nicht erst anfangen…
„Wenn der Wind im Frühling seine Lieder singt, und
allen neue Hoffnung bringt, dann wein‘ nicht mehr Perrine“, so begann der
Vorspann der Kinderserie, welche auf dem Roman En famille von Hector Malot basiert. Darin geht es um ein Mädchen
namens Perrine (Überraschung…), welches gemeinsam mit seiner Mutter nach dem
Tode seines Vaters mit dem Wohnwagen nach Paris zu seinem reichen Großvater
ziehen will. Man kann sich vorstellen, dass eine alleinerziehende Mutter es im
19. Jahrhundert nicht besonders einfach hatte. Als wäre das nicht schon genug
Drama, stirbt die Mutter auf halbem Weg und Perrine ist von nun an mit ihrem
Hund Baron auf sich alleine gestellt. In Paris angekommen, stellt sich heraus,
dass der „liebe“ Großvater nichts mit ihr zu tun haben will. Recht aufbauende
Geschichte also. Ich war auch noch so masochistisch und habe damals den Roman
gelesen. Ich weiß noch genau wie sehr ich an der Stelle geweint habe, als die
Mutter gestorben ist.
War die Geschichte über die Vollwaise Perrine schon
harter Tobak, so konnte Niklaas, ein
Junge aus Flandern dies dennoch toppen. Der Protagonist ist der kleine
Junge Niklaas, der bei seinem Großvater lebt, welcher stirbt, dessen einzige
Freundin Annika weit weg von ihm in ein Internat gesperrt wird und der am Ende
(Spoiler!) mit seinem treuen Hund Patrasch in einer Kirche erfriert, als er
sich zum letzten Mal die Bilder von Rembrandt und Rubens ansieht. „Er wollte so
werden wie sie, so ein unvergessliches Malgenie…“ Auch da hat uns die
Titelmelodie einen Streich gespielt. Wenigstens war die Serie dahingehend
Realitätsnah: Die Chancen, dass du zu Lebzeiten ein geachteter Maler wirst,
sind minimal. Viel wahrscheinlicher ist, dass du einen tragischen Tod findest.
„Lieber arm dran, als Ohr ab“, würde Herr Van Gogh wohl sagen.
Im Kino waren wir auch nicht besser dran: Dumbo (denken wir an die Szene, in
welcher der kleine Elefant von seiner Mutter getrennt wird), Bambi (den
Film sollte man einmal in einer Jagdgesellschaft zeigen), Lion King („Steh auf Papa, lass uns nach Hause gehen…“), …
In Buchform wurde uns Hoffnungslosigkeit in den
Geschichten von Hans Christan Andersen serviert. Das Mädchen mit den Schwefelhölzern, Die kleine Meerjungfrau (Disney hat uns angelogen, denn das
Original geht ganz anders aus…), … Wer sich an einem einsamen Advent-Sonntag
deprimieren will, sollte sich mit einer Kuscheldecke auf dem Sofa
zusammenrollen und einen Blick auf die Antithese zu Grimms „Und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage“ werfen.
Was war also die Moral dieser verstörenden
Geschichten um Trauer und Verlust? Entwickle keine zu starke Bindung zu anderen
Menschen, denn früher oder später werden sie dir durch Schwindsucht oder einer
Herde Antilopen genommen werden? Verfolge nicht deine Träume, denn du wirst das
Zeitliche segnen noch bevor du das Erwachsenenalter erreichst? Verschwende
keine Streichhölzer? Verliebe dich in niemanden der zwei Beine hat? Laut
Psychologen sollten verwöhnte Kinder im Fernsehen sehen wie gut es ihnen im
Vergleich zu den armen Weisenkindern doch ging. Ja eh, aber musste man uns
gleich für das Leben traumatisieren? Meiner Meinung nach hatten sich damals die
Fernsehanstalten mit den Psychologen verschworen, um gemeinsam eine neue Generation
an Patienten zu züchten, damit die Seelendoktoren auch sicher genug zu tun
haben würden.
Ich will nicht darüber nachdenken welche Menschen
aus der Generation Teletubbies, Pokémon, und Dragon Ball Z entstehen, aber auch da werden Therapeuten wohl genug
zu tun haben. Sollten Sie auch zu den Opfern von Perrine und Co gehören, dann würde ich vorschlagen Sie informieren
sich bei Ihrer Krankenkasse, ob man die Produzenten dieser Hoffnungslosigkeit
in 2D auf Schmerzensgeld verklagen kann, oder ob sie zumindest Ihre nächste
Rechnung für Antidepressiva übernehmen. Bis dahin reden wir uns ein, dass Niklaas Tod in der Kirche nur ein Traum ist
(wie uns das deutsche Voice-over am Ende weismachen wollte) und er
schlussendlich durch ein Portrait von Annika zu einem bekannten Maler wird. Sie
erfährt durch das Bild, dass er noch am Leben ist und macht sich, auf ihn zu suchen.
Am Baum auf dem Hügel, wo er sie früher immer gezeichnet hat, treffen sie
einander wieder und leben glücklich bis ans Ende ihrer Tage.
Ende
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen