Dienstag, 16. Dezember 2014

Der Hobbit - Ein unerwarteter Lachkrampf



Bei der Heimfahrt um 03:00 MEZ am 10.12.2014 habe ich mich die ganze Zeit über gefragt (Achtung: Gedanken eines ganz abnormalen Mädchens!), wie man als Orlando Bloom bei der Premiere von The Hobbit – The battle of the five armies Contenance bewahren konnte? Als Teil der Produktion durfte man doch sicher nicht laut auflachen, oder? Aber am besten beginne ich von vorne zu erzählen:
Als Lord of the Rings- Fan der ersten Stunde hat der Dezember ein wenig an Glanz verloren, seit der letzte Teil der Trilogie im Kino gelaufen ist. Aber Gott sei Dank, gibt es genug Wahnsinnige, die an einem Wochenende nichts Besseres zu tun haben, als sich 9 Stunden lang ins Kino zu setzen und in einem Triple-Feature alte Zeiten aufleben zu lassen. Im Freak-Kollektiv stellt man fest, dass selbst 10 Jahre später die Mittelerde-Trilogie auf der großen Leinwand zu beeindrucken vermag. Auch wenn natürlich mit Kommentaren und Lachern nicht gespart wird, denn schließlich kann man annehmen, dass man niemanden im Kinosaal spoilert. Es ist schön, auch nach so langer Zeit immer wieder etwas Neues zu entdecken, bzw. sich an Gewohntem zu erfreuen: Legolas ist „der Wetterbericht“ (um eine Freundin zu zitieren), Frodo tut die ersten 30 Minuten nicht wirklich etwas anderes, als Gandalf nachzuplappern, generell passieren all die schlimmen Dinge nur, weil der kleine Hobbit dauernd alleine irgendwohin wandert und dann verletzt, gestochen, gefangen, etc. wird (man sollte ihn an die Leine legen!), im Grunde macht Sam die ganze Arbeit, denn wenn wir uns ehrlich sind versagt Frodo am Ende und mein Lieblingssatz ist nach wie vor jener naive Ausspruch nachdem Gandalf ihm erklärt wie schrecklich gefährlich der Ring sei und, dass er von niemandem gefunden werden dürfe: „Dann tun wir ihn dahin, wo ihn niemand sieht.“ Genau Frodo, wenn jemand auf dich gehört hätte, hätten wir uns 6 Stunden Landschaftsaufnahmen von Neuseeland gespart ;-)
Jedenfalls verging die Trilogie wie im Flug (sogar der zweite Teil mit den Ents!) und schon war es auch wieder vorbei. Aber die Filmindustrie wäre keine Industrie, wenn sie nicht versuchen würde, alle Fans Mittelerdes mit einer weiteren Ausschlachtung des Franchises ins Kino zu locken: The Hobbit. Die Vorgeschichte von Lord of the Rings, die in Buchform gerade mal auf läppische 150 Seiten kommt und eigentlich ein Kinderbuch ist, hat es im Kino unter der Regie von Peter Jackson wieder auf 3 Teile zu je beinahe 3 Stunden geschafft. Auch hier war also beim Mitternachts-Triple Feature Sitzfleisch vonnöten.
The Hobbit hat natürlich alles, was man sich von einem Fantasy-Epos erwartet: pathetische Dialoge, viel zu lange Monologe, gigantische Schlachten, unrealistische Kämpfe, Mut und Loyalität, die an Dummheit grenzen, Frauen, die für nichts anderes gut sind außer, dass sie gerettet werden müssen, einen sinnlosen Liebesplot, Männer, die nur gut aussehen, wenn sie mit Dreck und Blut beschmiert sind und natürlich die Aussage, dass nur Männerfreundschaften wahre Liebe sind. Ehrlich, in keinem anderen Genre würde man es durchgehen lassen, dass Männer einander dauern auf die Schulter klopfen, sich energisch umarmen oder gar Stirn an Stirn einander gegenüberstehen und sich tief in die Augen blicken. Ja, in Mittelerde ist das völlig in Ordnung. Dort dürfen Männer weinen und zueinander sagen: „Aber du hast nur noch Augen für ihn!“, und niemand findet das homoerotisch. Okay, vielleicht schon…  Und obwohl einem der Zuschauer prinzipiell all das verzeihen würde, hat es Peter Jackson geschafft, sein Publikum so weit zu bringen, dass es am Ende von The battle of the five armie dasitzt und sich fragt: „What the f*ck?!“
Die ersten 30 Minuten von Teil 1 der Hobbit Trilogie empfinde ich als ein bisschen langatmig. Da wartet man einfach nur auf die unerwartete Reise. Einen Satz, der mich unweigerlich zum Kichern bringt ist jener von Ian Holmes, der den alten Bildo spielt, als er ein Portrait seines jungen Ichs betrachtet: „I am not the Hobbit I once was.“ Nein, bist du nicht, denn das auf dem Foto ist ein anderer Darsteller – Martin Freeman.
Ich würde ja prinzipiell gerne an einem Abenteuer wie im Hobbit teilnehmen, aber ich muss gestehen, dass mir das alles ein bisschen zu unbequem wäre: keine Taschentücher (ich verstehe Bilbo, dass er umkehren will), dauern wandern und klettern, im Freien neben schnarchenden Zwergen schlafen, keine sanitären Anlagen, keine Heizung, keine Decken mit Ärmel, Spinnen… es gibt immer Spinnen!  
Eines muss man dem ersten Teil lassen: Die Sequenz mit Gollum, in der Bilbo den Ring findet ist eine der besten der drei Teile. Sie ist nicht nur spannend und lustig, sondern sie zeigt wunderbar, wieso Bilbo diese arme Kreatur verschont und somit den Weg für das Schicksal von Mittelerde geebnet hat.  
In der Pause zwischen Teil 1 und 2 hole ich mir einen Kaffee und muss milde lächeln, als auf dem Fernseher im Foyer die CNN Heroes Gala-Aufzeichnung vom 05. Dezember läuft, in der Benedict Cumberbatch (den wir gleich als Drache Smaug im Hobbit sehen werden) eine Laudatio hält. Leider gibt es keinen Ton, also macht es nicht viel Sinn da zuzuschauen. Ich gehöre zu den Frauen, die Herrn Cumberbatch lieber zuhören als zuschauen (obwohl seine Haare beinahe schon wieder fast Sherlock-Länge haben).
Auch in Teil 2 geht es munter weiter mit dem epischen Touristen-Werbefilm über Neuseelands Landschaft. Gandalfs Zauberkräfte bestehen immer genau daraus, was für den Plot gerade von Nöten ist, Mr Jackson beweist, dass man es mit Slow Motion echt übertreiben kann und unser kleiner Halbling scheint an Schlafstörungen zu leiden, denn er steht in der Nacht dauern auf und findet neuen Ärger. Voice Overs von Galadriel gehören ebenso zum altbekannten Programm wie weise Sprüche vom grauen Zauberer. Das Gute am zweiten Teil The desolation of Smaug ist, dass es einige Sequenzen gibt, in denen sich Power Napping anbietet: Im Allgemeinen alle Szenen mit Legolas (Orlando Bloom mit unnatürlich hellblauen Kontaktlinsen und noch blonderen Haaren) und Tauriel. Ich will Schlachten sehen und keine verhinderte Dreiecks-Liebesgeschichte! Als dann der Satz „You know nothing“, auf der Leinwand ertönt, vernimmt man ein allgemein erheitertes Raunen, dass sich wie „Jon Snow“ anhört.  
Themen aus Lord of the rings sind unübersehbar: Kili und Fili sind wie Merry und Pippin, der Arkenstone ist wie der Ring, Thauriel genauso sinnlos wie Arwen, …
Nach 1 ½ Stunden kommen wir dann zum Drachen Smaug (jetzt hören wir Herrn Cumberbatch) und ich frage mich, was der die letzten 60 Jahre, in denen er die Höhle nicht verlassen hat, gefressen hat? Und wieso schmilzt das Gold nicht, wenn er mit seinem Feuer-Atem darauf pustet? Offensichtlich ist Drachenfeuer kühler als 1064 Grad Celsius. Wieder was gelernt…
Während Herr Freeman versucht einen psychopathischen Cumberbatch zu besänftigen (eigentlich ihre typische Rollenverteilung), liegt Kili auf Wallnüssen gebettet. Wieso? Weiß keiner. Vielleicht weil er sein Nikolaus-Sackerl geöffnet hat?
Am Ende ist Legolas sauer, weil er nach einem Mega-Fight Nasenbluten hat und der böse Orc seine Frisur durcheinander gebracht hat und der „zum goldenen Drachen“ Smaug warnt uns: „I am fire. I am death!“ Ja, aber unter 1064 Grad Celsius.
Um 00:00 startet dann Teil 3 The battle oft he five armies. Böser Smaug greift also Laketown an (muss nur ich an die Endstation der U2 denken: Seestadt?) und der heiße Fischer-Bogenschützen hat alle Zeit der Welt, dass er seinen Bogen inspiziert und auch noch das Glück, dass in einer Stadt, die komplett zerstört ist, der Glockenturm, von dem aus er den Drachen erschießen will, noch steht. Er macht dann einen auf Wilhelm Tell und benutzt seinen eigenen Sohn als lebenden Bogen. Das versteht man in Mittelerde also unter Vater-Sohn-Aktivitäten.
Nach dem Tod des Drachen folgen wieder die üblichen Voice Overs von Galadriel und ein paar pathetische Sprüche. Legolas und Kili funktionieren generell unter Albert Hubbards Prämisse: „Lovers are fools, but nature makes them so.“ Oder eher: Peter Jackson does.
Saruman, Elrond und Galadriel retten alle, und die Elbenkönigin sieht dabei aus wie das Mädchen aus The Ringe. Passt ja thematisch irgendwie.
Die Reittiere der Könige sind ein unfreiwilliger Lacher für sich: Der Elbenkönig reitet auf einem riesigen Hirsch, mit dessen Geweih er sicher was kompensieren will, der Zwergenkönig hat ein fettes Borstenschwein und die anderen Zwerge reiten plötzlich auf Steinböcken, von denen keiner weiß wo sie herkommen.
Genauso verhält es sich mit dem Angriff der Raketenwürmer. Aus dem Boden schießen plötzlich riesige Würmer. Und genauso plötzlich wie sie auftauchen verschwinden sie auch wieder. Sie greifen nicht einmal in das Kampfgetümmel ein. Wozu hat man sie dann gesehen? Und wieso war Kevin Bacon nicht mit von der Partie?
Steven Moffat hat Martin Freeman einmal als „master of reaction“ bezeichnet, und immer wenn man nicht wisse wo man hin schneiden sollte, könne man mit einem Schnitt auf die Reaktion von Mr Freeman nie falsch liegen. Das hat sich wohl auch Peter Jackson gedacht, denn die wenigen freiwillig lustigen Szenen sind dem komischen Talent des Bildo Darstellers zu verdanken.      
Unweigerlich drängt sich mir zwischendurch die Frage auf: Wie grauenhaft müssen die alle schon stinken? Sie tragen seit bald einem Jahr immer dieselben Klamotten, in denen sie gewandert, gelaufen,  geklettert und in den Dreck gefallen sind – ganz nebenbei haben sie sie mehrere Male komplett vollgeblutet.
Legolas und Thauriel sind in der Zwischenzeit bei der Festung Gundabad, die architektonisch von Gehry stammen könnte, angekommen. Wieso die wirklich dort sind, weiß man aber nicht. Ach ja, ganz nebenbei erfahren wir, dass Legolas nicht nur einen Vater- sondern auch einen Mutterkomplex hat.
Der Rest ist eine einzige Schlacht, bei der man oft nicht weiß, ob man lachen oder weinen soll: In all dem Gemetzel ist unser Elb Legolas wohl der unfreiwillig Komischste. Wie in einem Computerspiel benutzt er ein tierisches Transportmittel nach dem anderen (er macht auf Batman, Troll-Zähmer, …) und wer glaubt, dass die Szene mit dem Olifanten in The Return of the King übertrieben war, der hat das noch nicht gesehen. 5 Filme lang ist sein Köcher nie leer geworden und genau im dramatischsten Moment passiert es dann. Wirklich? Die dümmste Sequenz ist wohl die, in der Legolas Elben-leicht wie in einem Tetrisspiel von Stein zu Stein hüpft als eine Brücke einstürzt.
Die Schlacht endet natürlich wieder mit den gefiederten Tieren, die noch jede Schlacht in Mittelerde für die Guten entschieden haben: Radagast macht auf Top Gun und kommt mit der Adlerflotte. Wieso die Vögel nicht gleich von Anfang an mitkämpfen verstehe ich auch nicht. Und was ist eigentlich mit dem Hobbit, nachdem die Filme benannt sind? Tja, der hat einen Stein auf den Kopf bekommen und die Schlacht verschlafen.
Ach ja, da ist noch diese nervige Liebesgeschichte, die niemanden interessiert. Thauriel und Papa Legolas vertragen sich over Kili’s dead body und Thauriel will einen auf Romeo und Julia machen, und der Tetris-Held macht sich auf, um Strider zu finden. Fili und Thorin segnen auch das Zeitliche und sowieso jeder Mann, der irgendwie heiß war beißt ins Gras – außer der Fischer- Bogenschütze. Dracula ist eben unsterblich.
Gandalf raucht wieder mal eine (er sollte vielleicht mal Nikotinpflaster versuchen) und bringt dann Bilbo nach Hause. Dort endet es wie es begonnen hat: Mit dem anderen Bildo – Ian Holmes.
Und was ist mit dem Arkenstone, den alle haben wollten, und weswegen ein Krieg ausgebrochen ist? Der ist plötzlich wurscht und wird nie wieder erwähnt. Was ist also die Moral des Filmes? Wahre Liebe tut weh. Autsch.    
Vielleicht ist es besser sich das neue Sicherheitsvideo der Air New Zealand anzuschauen – dauert bei weitem nicht so lange:
http://www.youtube.com/watch?v=qOw44VFNk8Y

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