Mit Bones und Big Bang Theory sind Figuren mit eingeschränkter Sozialkompetenz zu Publikumslieblingen geworden. Eine ganz neue Art von antisozialem Held hat die britische Fernsehserie Sherlock geschaffen. Ihr Protagonist ist ein „high functional sociopath“ (Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung), der nicht nur aufgrund eines Mobiltelefones alles über das Leben eines Menschen sagen kann, sondern darüber hinaus auch noch Sinn für Mode hat. Die Serie hat den Ausdruck Sherlock-chic geprägt. Sherlock trägt immerzu (wenn er nicht gerade gelangweilt im Morgenmantel auf der Couch liegt, oder nur mit einem Laken bekleidet im Buckingham Palace sitzt) eine schwarze Hose, ein enges Hemd (das berühmte purple shirt!) und einen langen Belstaff Mantel – der seit der Serie ausverkauft ist – und einen blauen Schal. Um wahrlich Sherlock zu werden, muss man dann noch den Kragen ganz geheimnisvoll aufstellen, dunkle Locken und ein maskenhaftes, porzellanweißes Engelsgesicht haben, und fertig ist einer der berühmtesten Detektive der Literaturgeschichte.
Darsteller Benedict Cumberbatch trägt mit seiner
Baritonstimme und seinen ungewöhnlich hellen Augen dazu bei, dass sein Sherlock
etwas ganz Besonderes ist. Auch wenn man zu Beginn von seiner Erscheinung
leicht irritiert ist, gewöhnt man sich so schnell, dass man sich den
Meisterdetektiv kaum mehr anders vorstellen kann. Bei jeder Folge Elementary (der US-Version des Sherlock
Holmes Stoffes), frage ich mich immerzu, wann denn endlich Sherlock Holmes
auftaucht. Nicht, dass Jonny Lee Miller seine Sache als drogenabhängiger
Detektiv schlecht machen würde, aber er ist für mich einfach nicht Sherlock.
Ein wenig sinnloses Wissen am Rande gefällig? Jonny
Lee Miller (der Sherlock in Elementary)
und Benedict Cumberbatch haben sich im Theaterstück Frankenstein ebenfalls eine Rolle geteilt: abwechselnd Dr.
Frankenstein und das Monster. Und falls sich mal jemand gefragt haben sollte,
wieso die Serie Elementary heißt: In
den Kurzgeschichten sagt Sherlock immer mal wieder zu Watson: „Watson it’s
elementary…“
Die zweite Staffel Sherlock endet ja (SPOILER) mit Sherlocks „Selbstmord“, und seither
fragen wir uns, wie er das denn getrickst hat, dass er von einem Hausdach
springen konnte, ohne dabei zu sterben. Und immerhin warten wir nun schon seit
2 (!!!) Jahren auf die Auflösung – das sind 730 Leben einer Eintagsfliege!) Kein
Wunder also, dass ein User auf YouTube den Zustand, in dem sich Sherlock Fans seit der Folge The Reichbach Falls befinden, als „The
Reichenbach Depression“ bezeichnet hat. Den Sendetermin der 3. Staffel hat man
mittlerweile einige Male verschoben. Jetzt gibt es endlich ein Datum für die
Ausstrahlung: 01.01.2014. Gott, noch so lange! Aber anscheinend denkt man sich
bei der BBC: „Nun haben sie schon so lange gewartet, jetzt ist es auch schon
egal.“ Eines muss man der Marketingabteilung der BBC aber lassen: Sie wissen
was sie tun, denn der Sendetermin wurde bekanntgegeben, indem ein Leichenwagen
durch Londons Straßen fuhr. Das haben gleich so viele Leute fotografiert, dass
Tumblr lahm gelegt wurde.
Es ist allerdings nicht verwunderlich, dass es so
lange gedauert hat, überhaupt einen passenden Zeitpunkt für die Dreharbeiten zu
finden. Die beiden Serienschöpfer Steven Moffat und Mark Gatiss sind beide
einer anderen britischen Nationalinstitution gegenüber als Produzenten
verpflichtet: Dr Who. (Nicht umsonst
findet sich der ein oder andere Darsteller in beiden Serien…) Beide
Hauptdarsteller sind seit dem Erfolg der Serie – zu Recht – vielbeschäftigt.
Martin Freeman (Dr. Watson) pilgert als Hobbit Bildo mit mehr als 7 Zwergen
durch Mittelerde und Benedict Cumberbatch ist zurzeit sowieso in fast jedem
zweiten Film zu sehen (Star Trek, The Fifth Estate, 12 Years a Slave, Parade’s
End, …). Ach ja, und im Hobbit kommt
auch das Beste von ihm vor: Er leiht dem Drachen Smaug und dem Necromancer
seine sonore Stimme. Und das Bild „seines“ Drachens ziert auch eine Boeing
777-300ER der Air New Zealand. Ich
traue mich die Frage aufzuwerfen, ob ein Feuer-speiender, bösartiger Drache ein
gutes Omen für ein Flugzeug ist…
Sollte es also tatsächlich eine weitere Staffel von Sherlock geben, wie die beiden
Darsteller angedeutet haben, und es in diesem Tempo weitergehen, dann kann ich
vermutlich bis zur Ausstrahlung der letzten Staffel gemeinsam mit Sherlock Bienen-züchtend
in die Pension gehen. Denn wie Bill in True
Blood schon richtig bemerkt hat: „There aren’t enough beekeepers in this
world!“
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